Unperfektes macht attraktiv

Beim Spontankauf gewinnen Produkte mit Schönheitsfehlern

Perfekt ist doch langweilig – dies scheinen die meisten nicht nur bei der Partnerwahl so zu sehen, sondern auch beim Kauf von Produkten. Schönheitsfehler machen attraktiv. Das ist das Ergebnis einer Studie eines Forscherteams um Danit Ein-Gar von der Universität in Tel Aviv.

In einem Experiment forderten die ForscherInnen insgesamt 235 Studenten auf, einen Schokoriegel zu kaufen. Bei einigen Versuchen priesen sie ausschließlich die Vorteile des Riegels an: dieser sei besonders gut gekühlt, habe besonders gute Kundenbewertungen erhalten usw. In weiteren Durchläufen nannten die Forscher zunächst die Vorteile, fügten dann aber noch einen „Schönheitsfehler“ hinzu, etwa dass der Riegel in der Mitte zerbrochen oder das Haltbarkeitsdatum in wenigen Tagen erreicht sei. Außerdem fing das Team die Studenten zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab. Einen Teil der Studenten sprachen sie direkt vor einer Klausur an. Sie konzentrierten sich also mehr auf die bevorstehende Prüfung als auf den Schokoriegelkauf. Das Ergebnis: der Makel steigerte den Kaufanreiz. Vor allem, wenn die Studenten kurz vor ihrer Prüfung standen, kauften sie häufiger die Schokoriegel mit den Schönheitsfehlern.

In einem weiteren Experiment baten die ForscherInnen 141 Studenten, an einem Computerbildschirm ein Paar Wanderstiefel zu beurteilen. Einigen der Studenten gaben die Forscher noch eine Zusatzaufgabe, wodurch sie ihre Konzentration ganz auf das Produkt lenken wollten: Die Testpersonen sollten versuchen, nicht vom Bildschirm wegzuschauen und mitzählen, wie oft ihr Blick dennoch abschweifte. Die Hälfte beider Gruppen bekam zu der Abbildung der Schuhe eine ausnahmslos positive Beurteilung zu lesen. In der Beschreibung wurden beispielsweise die fünfjährige Garantie und die große Auswahl an unterschiedlichen Farbkombinationen angepriesen. Die andere Hälfte der TesteilnehmerInnen bekamen zunächst ebenfalls einige Vorzüge der Stiefel genannt. Anschließend erfuhren sie allerdings, dass diese nur in zwei Farben erhältlich seien. Am Ende des Experiments sollten beide Gruppen auf einer Skala von 1 bis 7 angeben, ob sie die Stiefel kaufen würden.

Das Ergebnis: Die TeilnehmerInnen, die vom Bildschirm abschweifen durften, wollten lieber die Stiefel mit dem kleinen Makel kaufen. Diejenigen, die sich auf das Produkt und die Beschreibung konzentrierten, fanden die ausschließlich positiv bewerteten Stiefel attraktiver.

Danit Ein-Gar nennt dieses Verhalten den „Blemishing Effect“ (blemish = Schönheitsfehler). Zunächst erfuhren alle StudienteilnehmerInnen von den Vorteilen der Produkte und bildeten sich eine Meinung. Als dann die Makel angesprochen wurden, mussten sie ihre Meinung noch mal überdenken und hinterfragen, wie sie überhaupt darauf gekommen waren, das Produkt „gut“ zu finden. Somit  erinnerten sie sich wieder an die zu Anfang genannten Vorzüge und fanden das Produkt noch attraktiver. Die Makel blendeten sie durch die Unkonzentriertheit aus.

Vor allem, wenn man sich schnell und spontan entscheiden muss, ignoriert man anscheinend Schönheitsfehler. Deshalb der Tipp von Dr. Ein-Gar an alle Supermärkte: „Stellen Sie Produkte mit kleinen Mängeln neben der Kasse auf, wie etwa Schokolade, deren Haltbarkeitsdatum bald überschritten ist, und Käufer werden dadurch, dass sie spontan handeln müssen, positiver auf das Produkt reagieren“.

Also Augen auf beim Schokoladenkauf - es sei denn man bevorzugt tatsächlich Produkte mit Schönheitsfehlern ;-)

Autorin / Autor: Redaktion, - Stand: 13. Juli 2011