Sprache in Not?

Rechtschreibrat befürchtet Verfall der deutschen Sprache durch Twitter, SMS & Co

Der Rat für deutsche Rechtschreibung und ihr Vorsitzender Hans Zehetmair sind in großer Sorge. Die deutsche Sprache ist ihrer Meinung nach auf dem absteigenden Ast. Ungefähr zwanzig Prozent eines Jahrgangs der 15-Jährigen müssen laut einer Pressemeldung des Rechtschreibrats als Analphabeten gelten und das sei ein Zustand, der so nicht hingenommen werden könne.
Schuld daran - das gibt Zehetmair in einem dpa-Interview zum besten, das nun in allen Medien rauf- und runterzitiert wird - sind unter anderem Twitter, SMS & Co.
Hdgdl, LOL und abf, der Trend zum Abkürzen, Verkürzen und Weglassen, der nötig wird, wenn nicht allzuviele Zeichen zur Verfügung stehen, wird von den Sprachhütern als ebenso bedrohlich empfunden wie die Flut von Anglizismen, bei denen die meisten nicht einmal mehr wissen, was sie eigentlich bedeuten.

Unter dem Stichwort "Fetzenliteratur" hebt der Rechtschreibrat darum nun den Zeigefinger und wettert gegen Ausrufezeichen und das Aussterben von Liebesbriefen, die heute nur noch durch ein schnödes hdl ersetzt werden.

Nicht alle Sprachwissenschaftler sehen die Entwicklung so pessimistisch wie Zehetmair und seine KollegInnen. Der Linguist Frederik Weinert von der Universität Passau etwa verweist im Gespräch mit der Passauer Neue Presse darauf, dass dies nicht zwangsläufig einen Sprachverfall darstelle, sondern auch als Sprachwandel betrachtet werden könne. Schließlich werden viele neue Ausdrücke in den Duden aufgenommen und gelten fortan als Norm. Auch sei die Sprache auf Twitter, Facebook oder in SMS nicht als schriftliche Standardsprache zu verstehen, sondern als Sprache, die konzeptionell mündlich sei, aber medial schriftlich mitgeteilt werde.

Auch Dialekte halten Einzug in diese Kommunikationsform - für Dialektforscher ein Grund zu jubeln, denn SMS & CO. haben das Zeug, Dialekte vor dem Aussterben zu bewahren, wie schon in Studien belegt werden konnte.

Aus sprachökonomischer Sicht zumindest macht der Abkürzungswahn und die Übernahme der meist kürzeren englischen Bezeichnungen in jedem Fall Sinn: Viel ausdrücken mit wenig Zeichen.

Und ist letzlich mit einem kurzen knappen und von Herzen kommenden hdl nicht manchmal wirklich alles gesagt?

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 3. Januar 2011