Perfide Umdeutungen

Analyse der Amadeu Antonio Stiftung: Rechtsextreme und Verschwörungsideologen nutzen den Krieg in der Ukraine für sich

Der Krieg der russischen Regierung unter Wladimir Putin gegen die Ukraine bringt nicht nur unendliches Leid über die ukrainische Bevölkerung mit sich, sondern spült auch eine immense Flut an Desinformationen und Verschwörungserzählungen in Social Media-Kanäle und Messenger-Dienste. Rechtsextreme Akteur_innen in Deutschland versuchen die Kriegsgeschehnisse zu ihren Gunsten zu deuten und in ihr verschwörungsideologisches Weltbild einzupflegen. Die Amadeu Antonio Stiftung beschreibt in einem Analyse-Papier, welche Gefahr davon ausgeht und was dagegen getan werden kann.

Menschenverachtende, demokratiefeindliche Erzählungen

Von Corona-Leugner_innen, über Neonazis bis zur “QAnon”-Bewegung: Rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteur_innen nutzten den Krieg in der Ukraine, um ihre menschenverachtenden, demokratiefeindlichen Erzählungen an das aktuelle politische Weltgeschehen anzupassen. Feindbilder blieben dabei bestehen und zeitgeschichtliche Ereignisse würden so uminterpretiert, dass sie ins eigene Weltbild passen und vermittelbar bleiben. So verbreiteten etwa Verschwörungsideolog_innen aus der “Querdenken-Szene”, die auch Kreml-treue Medien nutzen, Putins Desinformationen und unterstützten damit seinen Informationskrieg. Deutsche Neonazis sähen hingegen die Chance, den Mythos nationalsozialistischer Befreiungskämpfe aufleben zu lassen und feierten ukrainische Ultranationalisten als Helden, so die Stiftung.

Umdeutungen

“Rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteure sind sehr erfinderisch, wenn es darum geht, aktuelle politische Ereignisse in ihrem Sinne umzudeuten”, sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. “Um etwa Antisemitismus zu verbreiten, wird Putin zum Teil einer jüdischen Weltverschwörung erklärt und Juden für den Krieg verantwortlich gemacht. Andere Akteure vermuten wiederum, dass es sich nicht um einen Krieg, sondern um ein Ablenkungsmanöver handele, das Regierungen mithilfe der Presse inszeniert hätten.”

Antidemokratische Weltsichten werden weiter gefestigt

Auch Rassismus gegen Geflüchtete werde im Kontext des Krieges in der Ukraine verstärkt geschürt. Ukrainische Geflüchtete würden dabei als “gute”, “kulturnahe” Flüchtlinge akzeptiert, während “nicht-weiße/ nicht-christliche” Geflüchtete als illegal und bedrohlich dargestellt werden.

“Die Teile der deutschen Gesellschaft, die sich während der Corona-Pandemie bereits in wahnhafte Wirklichkeiten verabschiedet haben, werden in ihren Desinformationskanälen nun mit dem Aufhänger Russland-Ukraine-Krieg weiter mit antidemokratischen Weltsichten gefüttert”, so Simone Rafael, Leiterin des Digital-Bereichs der Amadeu Antonio Stiftung. “Praktisch kann das zu weiteren Angriffen auf die Gruppen führen, die kontinuierlich als Feindbild markierten werden – etwa Juden, Schwarze Menschen demokratische Politiker oder Journalisten.”

Ziel der Verschwörungsideologien: Demokratie zu destabilisieren

Die rechtsextremen und verschwörungsideologischen Deutungen rund um Krieg in der Ukraine seien vielseitig und zum Teil widersprüchlich. Doch sie alle zielten darauf ab, die Demokratie zu destabilisieren. “Der Russland-Ukraine-Krieg verdeutlicht aufs Neue, welche großen Gefahren von Verschwörungsideologien ausgehen. Nicht nur, dass sich Menschen dadurch legitimiert sehen, gewalttätig zu werden, sie dienen sogar politischen Führungspersonen dazu, den Angriff auf ein anderes Land zu rechtfertigen”, so Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Was bedeutet das für die Präventionsarbeit? Man müsse sich insbesondere in der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit wie auch in der Jugendarbeit noch stärker mit den Mechanismen von Desinformation und Verschwörungserzählungen beschäftigen, fordert die Sitftung. Damit Verschwörungsideologien erkannt und als solche benannt werden können, brauche es Aufklärungs- und Bildungsarbeit, die auch den Kontext aktueller Krisen thematisiert und aufarbeitet.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung