Nicht knipsen, hingucken!

Fotografieren kann die Erinnerung an Kunstwerke trüben

Bild: LizzyNet

Es ist kein ungewöhnliches Bild: eine Menschengruppe steht um ein Objekt in einem Museum herum und fotografiert es mit Smartphone oder Kamera. Fotos sollen die Erinnerung unterstützen, aber eine Studie hat ergeben, dass sie eventuell eher das Gegenteil bewirken und unsere Erinnerung an ein Objekt schlechter wird, wenn wir es fotografieren.

Das hat die psychologische Wissenschaftlerin Linda Henkel herausgefunden. Die Teilnehmer ihres Experiments wurden durch das Museum of Art der Fairfield University geführt und gebeten, bestimmte Objekte besonders zu beachten. Die eine Hälfte, indem sie sie fotografierte, die andere, indem sie sie nur beobachtete. Am nächsten Tag wurde die Erinnerung getestet. Dabei stellte sich heraus, dass die Probanden, die fotografiert hatten, die Objekte schlechter erkannten als die, die sie nur betrachtet hatten.

„Wenn man sich darauf verlässt, dass die Technologie sich für einen erinnert – darauf zählt, dass die Kamera das Ereignis festhält, sodass man selbst nicht mehr so aufmerksam sein muss – kann das einen negativen Einfluss auf die Erinnerung daran haben.“

Die meisten Museumsgänger würden wohl argumentieren, dass sie ein Foto machen, um sich die Bilder später anzusehen. Denn das hilft der Erinnerung wieder auf die Sprünge, oder nicht?

Die Gedächtnisforschung legt nahe, dass das stimmt, aber nur, wenn wir uns auch wirklich Zeit nehmen, dies zu tun. Denn Nachforschungen haben ergeben, dass die Menge und Unsortiertheit von digitalen Fotos viele Menschen entmutigt, sie noch einmal durchzusehen. Um uns zu erinnern, müssten wir uns aber mit den Bildern beschäftigen und sie nicht nur anhäufen.

Eine weitere Studie bestätigt die Ergebnisse Henkels, zeigt aber auch eine interessante Wendung: Denn ein Foto eines bestimmten Details zu machen, also mit der Kamera in das Bild hereinzuzoomen, scheint die Erinnerung zu unterstützen und zwar nicht nur die an das Detail, sondern auch an den Rest des Objektes, der nicht im Ausschnitt zu sehen war.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass das ‚innere Auge‘ und das ‚Kameraauge‘ nicht das gleiche sind“, sagt Henkel. Ihr Labor forscht gerade, ob der Inhalt eines Fotos, etwa ob man selbst darauf zu sehen ist oder nicht, die spätere Erinnerung beeinflusst. Außerdem fragt sich die Forscherin, ob es einen Unterschied macht, wenn wir aktiv aussuchen, was wir fotografieren.

„Die Studie wurde streng kontrolliert, die Teilnehmer wurden angewiesen, nur bestimmte Objekte zu fotografieren und keine anderen. Aber im Alltag fotografieren Menschen die Dinge, die ihnen wichtig sind oder etwas bedeuten, Dinge, an die sie sich erinnern wollen“, erklärt Henkel.

Wie gut, dass selbst das in sehr vielen Museen nicht möglich ist und wir so erst gar nicht in Versuchung geraten, die Erinnerungen an unseren Tagesausflug so schnell wieder zu vergessen. Insofern sollte uns das Kameraverbot gar nicht ärgern, denn vielleicht existiert es nur, um unser Gedächtnis zu schützen. ;-)

Autorin / Autor: Jana Schaefer - Stand: 09. Dezember 2013