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Weibliches Interesse deuten, wo keines ist, bringt Vorteile für Männer - zumindest aus evolutionspsychologischer Sicht. Na toll!

Steht sie auf mich? Steht sie nicht auf mich? Viele Menschen - vor allem Männer - lesen die Signale falsch, die ihr Gegenüber in Liebesdingen aussendet. Diverse Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass Männer häufiger ein (sexuelles) Interesse einer Frau unterstellen, das überhaupt nicht vorhanden ist. Möglicherweise verschaffte aber genau dieses ständige Missverstehen den Falschdeutern einen evolutionären Vorteil, meinen die ForscherInnen Judith A. Easton und David M. Buss von der University of Texas, die dieses Phänomen genauer untersucht haben.

Die WissenschaftlerInnen führten eine Studie mit 96 männlichen und 103 weiblichen StudentInnen durch, die eine Art Speed-Dating durchliefen. Zuvor sollten die Testpersonen ihre eigene Attraktivität einschätzen und angeben, wie sehr sie selbst an einem schnellen Abenteuer interessiert wären. Im Anschluss an die Gespräche sollten sie ProbandInnen die Attraktivität ihres Gegenübers beurteilen und deren Interesse an der eigenen Person einschätzten.

Es kam heraus, dass Männer dazu neigten, dass Interesse ihrer weiblichen Gesprächspartnerinnen an ihnen zu überschätzen. Vor allem Männer, die sich selbst für einigermaßen unwiderstehlich hielten, glaubten, die Frauen würden das genauso sehen. Und je attraktiver sie die Frau fanden, desto eher bildeten sie sich Interesse von ihrer Seite ein.

Männer, die von den beteiligten Frauen als attraktiv eingestuft wurden, ordneten die Signale ihrer Gesprächspartnerinnen hingegen nur selten falsch ein.
Die weiblichen Testpersonen neigten dazu, das Interesse ihres Gegenübers zu unterschätzen.
Ein hoffnungsloses Aneinandervorbeileben? Die Forscher meinen, aus evolutionärer Sicht nicht.
Sie argumentieren, dass falsch interpretiertes Interesse eigentlich gar nicht so schlecht ist. Schließlich ist das Schlimmste, was einem Mann bei einer solchen Fehlinterpretation passieren kann, ein unschöne Abfuhr und die Peinlichkeit, die mit ihr einhergeht. Ungünstiger ist es hingegen, wenn der Mann, der ja aus evolutionärer Sicht immer bestrebt ist, seine Gene für die Nachwelt weiterzugeben, nicht erkennt, dass eine potentielle Partnerin an ihm Interesse hat.

Die Forscher folgern, dass im Laufe der menschlichen Entwicklung Männer eher Erfolge in Sachen Fortpflanzung feiern konnten, wenn sie mal so ganz grundsätzlich davon ausgingen, dass eigentlich fast jede Frau an ihnen interessiert ist. Wenn sie ganz selbstsicher ständig versuchen, bei (auch völlig desinteressierten) Frauen zu landen, ist die Chance natürlich höher, auch mal Erfolg zu haben.

Nur Männer, die ohnehin attraktiv auf das andere Geschlecht wirkten, haben diese Art von Fehlinterpretation nicht nötig, meinen die Forscher.

Die Studie bietet den Autoren zufolge Tipps für beide Geschlechter: Frauen etwa sollten sich der Gefahr bewusst sein, dass manche Männer schon in den kleinsten Zeichen von Freundlichkeit sexuelles Interesse wittern und dementsprechend immer klare und deutliche Signale setzen. Männer sollten sich hingegen bewusst machen, dass sie umso stärker zu Fehlinterpretationen neigen, je besser ihnen eine Frau gefällt.

Wir hingegen haben noch einen kleinen Tipp für die Forscher: statt Männern eine Evolutions-Rechtfertigung für nerviges Dauergebagger an die Hand zu geben, sollten sie lieber erforschen, welche Strategien am besten geeignet sind, um sich unerwünschte Verehrer dauerhaft vom Leib zu halten. ;-)

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 19. Dezember 2011