Gute Lehrer_innen erkennen viele Mobbingformen

Studie der Uni Potsdam untersuchte, welche Strategien von Lehrkräften langfristig Mobbing und Gewalt eindämmen

Mädchen in der Hocke mit Händen vor dem Gesicht

Wenn Mitschüler_innen gemobbt oder sogar gewalttätig angegriffen werden, können sie nicht immer auf Verständnis und Hilfe seitens ihrer Lehrer_innen hoffen. Und wenn doch, dann ist diese Unterstützung nicht automatisch erfolgreich; oft geht nach dem Eingreifen der Lehrer_in die Mobbinggeschichte weiter oder wird sogar noch schlimmer. Was können Lehrer_innen besser machen, um solche Situationen besser in den Griff zu bekommen? Eine Studie des Bildungsforschers Prof. Dr. Wilfried Schubarth von der Universität Potsdam und des Psychologen Prof. Dr. Ludwig Bilz von der BTU Cottbus-Senftenberg gibt nun Antworten.

Schubarth und Bilz haben gemeinsam mit ihren Teams über 2.000 Schüler_innen und Schüler und 550 Lehrkräfte in Sachsen gefragt, wie Lehrer_innen in Mobbing-Situationen reagieren, wie sich ihr Handeln auswirkt und was getan werden könnte, um das Eingreifen zum Erfolg zu führen. Dabei fanden sie heraus, dass die mit Abstand häufigste Reaktion in Mobbing-Situationen darin besteht, mit den beteiligten Schüler_innen zu sprechen - unabhängig von der Gewalt- oder Mobbing-Art. Mit deutlichem Abstand folgen Reaktionen der Lehreer_innen, die sich in minimaler Gestik und Mimik zeigen oder auch andere Maßnahmen zur Disziplinierung. Kooperationen mit Kolleg_innen, der gesamten Klasse und langfristige Maßnahmen auf Klassen- oder Schulebene sind dagegen eher selten, obwohl diese, so die Forscher, am nachhaltigsten sind. „Es ist kein Wunder, dass die ergriffenen Maßnahmen oftmals verpuffen und nicht die erhoffte Wirkung erzielen. Auf Dauer wirksamer ist es, die gesamte Klasse und das Kollegium einzubeziehen. Bisher dominieren Hilfsangebote für Einzelne in der Praxis, während nur knapp 20 Prozent der Schülerschaft von kooperativen Angeboten berichten. Rund 30 Prozent haben autoritäre Reaktionen durch Lehrkräfte beobachtet“, so der Bildungsforscher Schubarth.

*Forscher fordern: Lehrkräfte müssen sensibilisiert werden für Gewalt*
„Wir haben herausgefunden, dass Lehrkräfte besonders dann intervenieren, wenn ihr Verständnis von Gewalt breit ist und sie beispielsweise soziale Ausgrenzung und Hänseleien erkennen. Lehrer, deren Verständnis für Gewalt sich auf körperliche Gewalt beschränkt, greifen seltener ein“, fasst Bilz zusammen. „Das hat Folgen für die Schüler: In den Klassen, in denen Lehrer ein breites Gewaltverständnis besitzen, gibt es deutlich mehr Mädchen und Jungen, die bei einer Mobbing-Situation einschreiten würden. Wir empfehlen deshalb die Arbeit am Gewaltverständnis der Lehrer und Schüler, um so die Sensibilität zu erhöhen.“

Die Wissenschaftler haben sich auch angesehen, wie gut die Lehrkräfte Mobbing-Verhaltensweisen ihrer Schüler überhaupt erkennen können. Dazu fragten sie sie, welche Schüler_innen in ihren Klassen Täter und welche Opfer sind. "Erstaunlich war, dass ihnen die Identifikation zwar generell schwerfiel, der Täterstatus aber bei besonders leistungsstarken und -schwachen Schüler besser erkannt wurde“, berichtet Schubarth.

Wenn Lehrkräfte Gewalt und Mobbing zwischen Schüler_innen beenden wollen, sollten sie statt zu autoritären Mitteln zu kooperativen Ansätzen greifen und eine gemeinsame Strategie auf der Basis eines Wertekonsenses entwickeln, raten die Forscher.

Die Ergebnisse der dreijährigen Studie „Lehrerhandeln bei Gewalt und Mobbing“ erscheinen im Klinkhardt-Verlag: Bilz, L., Schubarth, W., Dudziak, I., Fischer, S. M., Niproschke, S. & Ulbricht, J. (Hrsg.). (2017). Gewalt und Mobbing an Schulen. Wie sich Gewalt und Mobbing entwickelt haben, wie Lehrer reagieren und welche Kompetenzen sie brauchen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung