Geschichte erleben
Spanische Forscherin untersuchte, wie Comics und Grafic Novels die Erinnerungsarbeit bereichern können
Wer gerne Comics und Graphic Novels liest, genießt die Kombination aus Geschriebenem und Gezeichnetem, denn die visuellen Effekte fesseln die Aufmerksamkeit, geben den Figuren eine eigene Stimme und machen es somit leicht, sich in die Protagonist:innen hineinzuversetzen. Deshalb wird dieses Format inzwischen auch öfter im historischen Erinnerungsdiskurs verwendet. Beispiele dafür sind der Comic "Persepolis", der die Jugendgeschichte der Regisseurin während und nach der Islamischen Revolution im Iran erzählt, oder "Maus", in dem der Autor die Geschichte seines Vaters, eines Auschwitzüberlebenden, und seiner Mutter erzählt und nebenbei eigene Reaktionen festhält.
Carmela Artime Omil, Forscherin an der spanischen Universitat Oberta de Catalunya (UOC), untersuchte in ihrer Doktorarbeit nun genauer, wie diese Formate dazu beitragen können, ein historisches Gedächtnis aufzubauen.
Stoff zum Nachdenken
Graphic Novels erzählen Geschichten durch eine Kombination aus visueller und geschriebener Sprache. Das Genre nutzt alle Arten von künstlerischen und literarischen Mitteln, darunter Illustrationen, Dokumente, Fotos und Geschichten mit mehreren Protagonist:innen oder Ich-Erzähler:innen. Deshalb gelingt es damit besonders gut, eine Verbindung zwischen den Leser:innen und den Figuren aufzubauen, und das könne einer Erinnerungskultur eine großen Schub geben, so die Forscherin.
"Die grafische Komponente von Comics ist sehr nützlich, wenn es darum geht, die Leser mit bestimmten Bildern und Ereignissen aus der Vergangenheit zu konfrontieren", so Artime. "Einige Graphic Novels nutzen die visuelle Wirkung nicht nur, um die Aufmerksamkeit des Lesers zu fesseln, sie scheinen sogar eine Reaktion hervorrufen zu wollen", erklärt sie.
Außerdem führe die Sprache der Comics dazu, "reflektierend" zu lesen, da die Leser:innen dazu gebracht werden, sich auf die grafischen Elemente zu konzentrieren, um die Geschichte vollständig zu verstehen. "Die Leser können sich so lange mit dieser Betrachtung beschäftigen, wie sie wollen."
Ein weiterer Vorteil von Graphic Novels im historischen Kontext: sie können Fakten und Fiktion verbinden. Viele Werke enthalten Dokumente aus dem wirklichen Leben (z. B. Briefe oder Familienfotos), nehmen Bezug auf historische Ereignisse oder thematisieren den Forschungsprozess des Autors. All dies trägt dazu bei, die persönlichen Erfahrungen der Protagonist:innen in die Gegenwart zu übertragen.
Aufklärung und Bewusstseinsbildung
Graphic Novels und Comics haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Verbreitungs- und Bildungsinstrument entwickelt. Die scheinbare Einfachheit ihres Formats fordert dazu auf, sie zu lesen, und hilft, komplexe Geschichten und Konzepte zu erklären.
"Comics werden in allen Wissensbereichen zunehmend in Klassenzimmern eingesetzt, aber ich denke, dass ihr Einsatz noch viel weiter gehen könnte", so Artime. "Sie können den Schülern helfen, ihre Kreativität und ihr Leseverständnis zu entwickeln und ihre Liebe zum Lesen zu steigern. Die große Anzahl von Comictiteln und die breite Palette von Themen, die sie behandeln, machen dieses Genre außerdem zu einem guten Instrument für den Einsatz im Unterricht und zur Förderung der Reflexion in allen Bereichen".
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Presse - Stand: 21. Juli 2023