Generation Praktikum 2011 ist weiblich

Studie zum Berufseinstieg von AkademikerInnen

Wer gerade seinen Studienabschluss in der Tasche hat oder Leute kennt, die ihr Studium beendet haben, weiß um die Situation: weil ein Job nicht in Sicht ist, fängt man halt erstmal ein Praktikum an. Viele erhoffen sich neben der beruflichen Orientierung natürlich eine Übernahme in den Betrieb. Welche Praktika diesen Hoffnungen gerecht werden und welche nicht, haben Heidemarie Hecht, Absolventenforscherin an der Freien Universität Berlin, und Dr. Boris Schmidt untersucht und in ihrer Studie Generation Praktikum 2011 veröffentlicht.

*Ersparnisse, Zusatzjobs, Sozialleistungen*
Nach ihren Ergebnissen sind 40 Prozent der Praktika unbezahlt. Aber auch bei den bezahlten betrug der durchschnittliche Bruttolohn lediglich 3,77 Euro pro Stunde oder rund 550 Euro pro Monat. Ein Großteil der befragten PraktikantInnen mit Studienabschluss musste seinen Lebensunterhalt daher aus anderen Quellen finanzieren: über die Eltern, eigene Ersparnisse oder durch Zusatzjob. 23 Prozent waren auf Unterstützung ihres Partners oder ihrer Partnerin angewiesen und 22 Prozent beantragten Sozialleistungen.

*IngenieurInnen starten seltener mit Praktikum*
Wer nach dem Abschluss als PraktikantIn arbeitet, tut das nach den Ergebnissen der Befragung im Durchschnitt über knapp fünf Monate. Wie oft nach dem Examen ein Praktikum absolviert wird, hängt stark von der Studienrichtung ab: am ehesten müssen StudentInnen der geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Fächer erstmal ohne Arbeitsvertrag auskommen. Dann folgen WirtschaftswissenschaftlerInnen und JuristInnen, während NaturwissenschaftlerInnen nur zu 20 Prozent mit Praktika beginnen. Frisch diplomierte IngenieurInnen müssen am seltensten über eine Praktikum ins Berufsleben einsteigen: nur fünf Prozent. Junge Frauen absolvieren übrigens häufiger Praktika als ihre männlichen Kollegen.

*Arbeit fest im Betrieb eingeplant*
Die Hoffnung auf eine Stelle nach dem Praktikum erfüllte sich nur bei 22 Prozent der befragten PraktikantInnen mit Abschluss. 75 Prozent derjenigen hatten den Eindruck, dass ihre Arbeit im Betriebsablauf fest eingeplant war. Trotzdem bewerteten die Befragten gut die Hälfte aller Praktika als hilfreich für ihre berufliche Entwicklung. Besonders dann, wenn sie für vollwertige Arbeit sorgfältige Betreuung und eine annähernd angemessene Bezahlung erhalten hatten. Wenn sich die PraktikantInnen gut betreut fühlten und interessante Tätigkeiten kennenlernen konnten, wurden auch Praktika ohne Vergütung positiv bewertet.

Rund 20 Prozent aller Praktika wurden aber schlichtweg als schlecht bewertet. Die Hälfte davon trägt Züge von Ausbeutung als "billige Arbeitskraft": Die Arbeit der Praktikanten ist vom Betrieb voll eingeplant, ohne dass eine Gegenleistung geboten wird - weder finanziell noch in Form von Lerngewinnen.

*Weniger unbezahlte Praktika, geringere Durchschnittsvergütung*
Offenbar hat sich aber die Situation etwas entspannt, denn im Vergleich zu 2007 stellten die ForscherInnen fest, dass jetzt weniger AbsolventInnen mehrere Praktika hintereinander machen müssen und es insgesamt doch mehr bezahlte Stellen gibt. Trotzdem sank aber auch der durchschnittliche Stundenlohn bei den entlohnten Praktika. Die Forscher erklären das so: Es zahlen zwar mehr Betriebe für Praktika, beschränken sich dabei allerdings oft auf niedrige Beträge um 300 Euro pro Monat. In den Branchen Kunst & Kultur, Hochschule und Forschung sowie Gesundheit und Soziales sind unbezahlte Praktika nach wie vor besonders weit verbreitet: Hier arbeiten bis zu zwei Dritteln der PraktikantInnen umsonst.

*"Praktika keine Karrierebremsen, aber auch kein sicherer Einstieg"*
Kurzfristig, so die Forscher, starten AbsolventInnen, die Praktika machen müssen "mit einem gewissen Nachteil ins Berufsleben". Auf längere Sicht gleiche sich ihre berufliche Entwicklung aber tendenziell der an, die AbsolventInnen ohne Praktika genommen haben. "Praktika sind keine Karrierebremsen, aber auch kein sicherer Einstieg", schreiben Heidemarie Hecht und Dr. Boris Schmidt in ihrem Resümee.

Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 8. Juli 2011