Frauenhassende Online-Subkulturen

Studie der Amadeu Antonio Stiftung: Online-Antifeminismus und Incel-Szene sind auf dem Vormarsch

Was wären wir ohne das Internet? Es informiert uns, verbindet uns und begleitet die meisten von uns tagtäglich durchs Leben. Aber: Mittlerweile ist es leider auch immer mehr ein Ort für gekränkte Männlichkeit, Sexismus und Antifeminismus. Über Videospielplattformen, Messengerdienste oder Soziale Netzwerke kommen User_innen mit antifeministischer Online-Kultur in Kontakt und finden so den Weg in abgeschottete, homosoziale und radikalere Echokammern. Das ergibt die Analyse „Frauenhassende Online-Subkulturen. Ideologien –Strategien – Handlungsempfehlungen“, die die Amadeu Antonio Stiftung am 11. Mai veröffentlicht hat.

„Vor allem Memes bieten einen niedrigschwelligen, vermeintlich humoristischen Einstieg in rechtsradikale und -extreme Ideologie“ erklärt Veronika Kracher, Antifeminismus-Expertin und Autorin der Studie. „Ist dieser über Telegram, Twitter oder Videospielplattformen wie Steam erst erfolgt, finden die Jugendlichen den Weg zu radikaleren Echokammern wie Imageboards. Dort werden junge Männer ungestört in rechtsextreme Denkwelten eingeführt.“

Die Analyse gibt einen Überblick über die zentralen antifeministischen Erzählungen rechtsextremer Online-Subkulturen, erklärt die am weitesten verbreiteten antifeministischen Memes und deren Funktion, und vermittelt Einblicke in die gängigsten Plattformen der Online-Rechtsextremen unter besonderer Berücksichtigung der frauenfeindlichen Incel-Subkultur. (Mit dem Begriff Incel bezeichnen sich Mitglieder einer Internet-Subkultur von heterosexuellen Männern, die angeben, unfreiwillig keinen Geschlechtsverkehr zu haben und der Ideologie einer übelegenen Männlichkeit anhängen.)

Antifeminismus und Antisemitismus sind Bestandteile der gleichen, gefährlichen Ideologie

Die Autorin hat über Monate hinweg systematisch in Imageboards und antifeministischen Foren recherchiert und ihre Beobachtungen in wissenschaftlich-historische Kontexte gesetzt. Das Ergebnis: Antifeminismus und Antisemitismus sind Bestandteile der gleichen, gefährlichen Ideologie. Zudem erarbeitet sie pädagogische Ansätze, um gegen Online-Radikalisierung vorzugehen.

„Antifeminismus fungiert regelmäßig als Türöffner in rechtsextreme Weltbilder“, sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. „Ideologisch und historisch bestehen zahlreiche Anknüpfungspunkte, vor allem zum Antisemitismus.“

„Auf allen Ebenen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Handelns muss verstärkt für Antifeminismus, seine demokratiegefährdenden Zielstellungen und sein Gewaltpotenzial sensibilisiert werden – auch online“, sagt Judith Rahner, Leiterin der Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stiftung. „Auch für Sexismus im Netz brauchen wir eine höhere Sensibilität.“

Was tun gegen Frauenhass im Netz?

Es bleibt aber nicht nur bei der Analyse, sondern die Autor_innen fordern auch Maßnahmen, die gegen Online-Antifeminismus getroffen werden sollten. So sollte ein systematisches Monitoring misogyner, rechtsextremer und rechtsterroristischer Online-Subkulturen stattfinden, damit die Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden deren Narrative, Codes und Symbole erkennen können.
Außerdem müsse eine stärkere Spezialisierung und eine systematischer Kompetenzaufbau in Strafverfolgungsbehörden stattfinden. Ein Vorschlag der Studienautor_innen ist, dass in jedem Bundesland spezialisierte Anlaufstellen für Betroffene von Hass im Netz aufgebaut werden und dass es in jeder Polizeidienststelle ein_e Beauftragte_r für Hass im Netz geben sollte.
   
Auch müsste der Druck auf Vernetzungsplattformen wie Imageboards, Messengerdienste oder den Gamingbereich erhöht werden, damit diese menschenfeindliche und rechtsextreme Inhalte und Gruppen entfernen. Und nicht zuletzt müsse die Auseinandersetzung mit Sexismus und maskulinistischen Geschlechtervorstellungen in der Jugendarbeit vorgebracht werden. Es brauche insbesondere Angebote für Jungen und junge Männer, die in rechtsextreme Onlinewelten zu entgleiten drohen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 12. Mai 2021