"Frauen tragen die Hälfte des Himmels"

...sagte einst Mao Zedong. Doch entspricht das der Wahrheit?

Noch immer ist google verwirrt, wenn man nach „Astronautin“ statt nach „Astronaut“ sucht. Es ist nicht ganz so einfach, wie es sein sollte - vor allem aktuelle - Informationen über die 10 Hände voll Astronautinnen zu finden, die man stolz präsentieren könnte. Berichtet wird dem Umfang angemessen eben lieber über ein unangebrachtes Thema, beispielsweise über Beziehungsskandale im All, in denen Frauen die Dramatik vorantreiben sollen. Angeblich.
Ab und an wird eine neu startende Weltraumfahrerin namentlich erwähnt, nur um gleich danach zu betonen, aus welchem Land sie kommt und wer es ihr ermöglicht hat, diese hochachtungsvolle Aufgabe in einer Männerdomäne ausüben zu dürfen. Doch diesen Frauen steht Anerkennung zu, das weiß keiner so gut wie sie selbst und jeder, der die Geschichte der weiblichen Raumfahrt kennt. Nur kennt sie kaum einer. Denn der erste Mensch auf dem Mond war ein Mann. Neil Armstrong betrat diesen am 21. Juli 1969 zum ersten Mal. Doch es hätte in dem weltberühmten Zitat zur Mondlandung auch heißen können: "Es ist ein kleiner Schritt für eine Frau, aber ein großer Schritt für die Menschheit." Wie das? Aber der Reihe nach, für einen Neuanfang rollt man die Geschichte doch besser von hinten auf...

Чайка (Tschaika - „Möwe“) - die 1. Frau im Weltall!

Walentina Wladimirowna Tereschkowa, ist ein Name, den man kennen sollte. Hinter ihr verbirgt sich die berühmteste Kosmonautin der UdSSR. Чайка (Tschaika - „Möwe“), war ihr Rufzeichen. Doch fliegt eine Möwe auch ins Weltall? In ihrem Falle schon: wohlbekannt - oder leider bei der Recherche erst deutlich werdend - ist Walentina die erste Frau, die ins Weltall fliegen durfte. 1963. Alleine! Das war ein doppelter Skandal, der allerdings nur gebilligt wurde, um der USA im Wettkampf um die Raumfahrt einen gewaltigen Seitenhieb zu versetzen. Die Idee, mit einer Frau einen Schritt vorwärts zu wagen, war für die UdSSR so ungewöhnlich, dass die USA schlichtweg nicht mit ihr rechnete.

Fortschritt / Intoleranz und die Folgen für "Mercury 13"

Schon davor jedoch hätte die USA den gleichen Maßstab noch viel höher setzen können. Wäre die NASA damals noch nicht so verbohrt gewesen, was die angeblichen Nachteile des Einsatzes von Frauen im Weltall betrifft. Vermeintliche (männliche) Profis der Raumfahrt standen dem Können der Astronautinnen im Amerika der späten 1950er Jahre noch eher skeptisch gegenüber. Richtig gelesen – bereits in den 1950’ern gab es erste Hinweise auf – vergebliche - Bemühungen junger Frauen, Teil der Raumfahrt zu werden, somit vor Frau Tereschkowa, vor Neil Armstrong. Zwar gab es auch damals schon einen Vorreiter unter den Zuständigen: William Lovelace, der sich um Tests und Bewertungen der männlichen Raumfahrer kümmerte, stieß das private Projekt, später bekannt unter „Mercury 13“, an. Mit dem Ziel, vor dem Osten die erste Frau in den Weltall zu schicken und der Überzeugung, dass Frauen durch das niedrigere Herzinfarktrisiko und das leichtere Gewicht besser geeignet sind für die Erkundung des Weltalls. Der Traum der 13 auserwählten jungen Fast-Astronautinnen und somit auch sein Wunsch sollten sich aber nicht erfüllen. Nicht nur, dass das Vorhaben privat finanziert werden musste und keine Unterstützung der NASA erhielt - auch die Navy weigerte sich, Mittel für die Ausstattung der weiblichen Raumfahrt zu liefern. Das Projekt wurde abgebrochen - was die Tragik heute noch eher betont als die offensichtliche Kühnheit der ProjektteilnehmerInnen.

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Ungerechtigkeit ohne Grund

Dabei haben sie in vielen damaligen Test besser abgeschnitten als die Männer ihrer Zeit.

"Sie alle waren außergewöhnliche Frauen und herausragende Piloten. Sie waren wirklich geeignete Kandidaten, für diese Aufgabe", erklärte Donald Kilgore, damals als Arzt an der Beurteilung der Kandidaten beteiligt, dem amerikanischen "Wired Magazine". "In einigen Kategorien übertrafen die Frauen sogar die Männer."

Doch im All waren sie nie. Denn zu dem Zeitpunkt der Mercury 13 konnte nur ein Viertel der amerikanischen Frauen ein Jobangebot vorweisen, und die Frauenbewegung kam auch gerade erst in Schwung. Für Dinge, für die sie nichts konnten, wurden die Frauen diskriminiert: für ihre Menstruation, die sie angeblich einschränke oder ihre fehlende Erfahrung - die sie ja nie sammeln konnten, da es ihnen nicht erlaubt war.

Kleine Schritte Richtung Ausgleich

Seit Valentina Tereschkowa wurden 60 Frauen für die Raumfahrt zugelassen. Die zweite Frau im Weltall - Swetlana Jewgenjewna Sawizkaja - war ebenfalls aus dem östlichen Gebiet, geboren in Moskau, und auch die erste Person, welche das Raumschiff verlies und einen Weltraumspaziergang vollzog. Allerdings erst im Jahre 1982!

Ein Jahr danach erst, und somit 20 Jahre später als die UdSSR, begab sich die Amerikanerin Sally Ride auf die Reise. Zu diesem Zeitpunkt genau 32 Jahre und ebenso viele Tage alt, ist und bleibt sie die jüngste Astronautin der Weltgeschichte und die erste ihrer Nation.

1984 tat es Kathy Sullivan ihrer Konkurrentin Swetlana gleich und startete eine Weltraumerkundungstour. Dabei ging es den Frauen nicht darum, untereinander zu konkurrieren, sondern gegen das System aufzubegehren, das ihnen die Arbeit erschwerte. Fast jährlich wagen weibliche Astronautinnen nun ihre Schritte.
1985 tritt Anna Fisher (Amerika) eine Raumfahrt an - schwanger!

Es wirkt zu Recht wohl so, dass die 80er-Jahre erfolgreich für die Emanzipation in Raumschiffen waren. Doch schützte ihr Geschlecht sie nicht vor den normalen Tücken der Raumfahrt. So starben Christa McAuliffe und Judith Resnick bei der tödlichen Katastrophe der Challenger - Sonde am 28. Januar 1986. Gender hin oder her, ein trauriges Datum für alle Beteiligten und Faszinierten des Weltraumes.

Shannon Lucid hingegen erstellte 1996 einen neuen Rekord mit 188 Tagen an Bord der russischen Raumstation MIR.

Später im März 1998 erkämpfte sich Eileen Collins das Privileg, als erste Frau jemals eine Raumfähre zu leiten.

Kleine Wiedergutmachung - eine Bilanz

Die NASA bemüht sich. Mittlerweile, also noch im Juni des Jahres 2013 bekannte sie sich zum Einsatz der größten Anzahl an Astronautinnen, die jemals für eine Klasse der Raumfahrt ausgewählt wurde. Nämlich 50 Prozent der achtköpfigen Truppe.

Nahezu 60 Frauen waren seit Walentina im All. Trotzdem nur ein kleiner Trost, bei 543 Raumfahrern insgesamt. Immerhin wird heute publiziert, dass die Vorurteile der NASA aufgrund angeblicher körperlicher Missstände bei Frauen widerlegt sind.
In der heutigen Zeit äußert Wu Ping, eine Sprecherin für das chinesische Raumfahrtprogramm folgendes: "Weibliche Astronauten besäßen größere Ausdauer, psychologische Stabilität und könnten besser mit der Einsamkeit klarkommen." Während im Juni 2012 sogar China eine Frau, Pilotin Liu Yang, ins All schickte, hat Deutschland noch immer keine einzige Astronautin vorzuzeigen, die aktiv an der Raumfahrt teilnehmen durfte.

37 Frauen, die an 94 Einsätzen teilgenommen haben, kann die ISS verechnen. Schon 29 von ihnen sind US-Amerikanerinnen, drei Russinnen, zwei Kanadierinnen und je eine Engländerin, Japanerin und Französin.
Jelena Kondakowa, wieder aus Russland, war hierbei die erste Frau in der Raumstation ISS und hatte die Ehre, die erste weibliche Langzeitmission zu begleiten.

Die ewige Debatte

Die Frage, wie man Frauen in der naturwissenschaftlich angehauchten Welt der Raumfahrt emanzipieren kann, taucht erst jetzt zuverlässig öffentlich auf, nur leider immer noch zuverlässiger als Berichte über die tatsächlich bereits vorhandenen Leistungen der Astronautinnen selbst. Aber es sind Fortschritte zu bemerken, in der Vergangenheit, in der Gegenwart, wenn auch noch aus überwiegend politischen Gründen. Bis immerhin dies ermöglicht werden konnte, bedurfte es eines langen Weges, nicht nur aufgrund der technischen Möglichkeiten. Erst unbemerkt und nicht toleriert, dann aus Gründen des Prestiges, erobern Astronautinnen das All für sich. Optimalerweise in der Zukunft weiterhin, besser auch mit mehr Zuständigkeitsbereichen. In der Vergangenheit gab es wie immer jemand, der es schaffen musste, bevor sich andere daran wagen konnten…
Vielleicht regt euch das Foto an, selbst zu den Pionierinnen der Raumfahrt gehören zu wollen.

Weiterführende Links über Vergangenheit und das Heute von Frauen in der Raumfahrt

Aktuelles und die Wege dorthin - weiterführende Links

Autorin / Autor: genna - Stand: 25. Juli 2013