Fragwürdige Taten, schlechte Kunst?

Forschung: Das Wissen über Kunstschaffende beeinflusst die Wahrnehmung ihrer Werke

Bild: Estelle_ / pixabay

J.K. Rowling äußert sich negativ über Transsexualität, Popstar R. Kelly sitzt wegen Missbrauch im Gefängnis und Prominente aus Film und Fernsehen werden im Rahmen von metoo sexueller Übergriffe bezichtigt. Können wir die Kunst noch genießen, wenn wir etwas Negatives über die Urheber:innen wissen? Gelingt es uns, das Werk unabhängig von dem/der Künstler:in zu betrachten oder wird unser Kunstgenuss dadurch beeinträchtigt? Diesen Fragen haben sich Forschende der Humboldt-Universität Berlin gewidmet, denn obwohl  das Thema vor dem Hintergrund jüngster Enthüllungen und Missbrauchsvorwürfen in der Metoo-Debatte in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird, gibt es kaum experimentelle Forschung dazu.

Die Forscher:innen ließen Testpersonen eine Reihe von Gemälden hinsichtlich verschiedener Aspekte bewerten (Gefallen, Erregung, Qualität) bevor oder nachdem sie ergänzende Informationen zu den Kunstschaffenden erhalten hatten. Diese waren mal neutral, mal negativ, und die präsentierten Malerinnen und Maler waren entweder berühmt (z.B. Salvador Dalí) oder unbekannt. Nachdem die Teilnehmenden das Wissen gespeichert hatten, wurde ihre Gehirnaktivität mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) aufgezeichnet. Mithilfe des EEG können schnelle, unwillkürliche Reaktionen des Gehirns von langsameren, kontrollierteren Reaktionen unterschieden werden.

Sahen die Testpersonen Bilder von Künstler:innen, über die sie negative Informationen erhalten hatten, führte das in der Studie zu einer Veränderung in der Gehirnaktivität. „Die untersuchten Veränderungen im Gehirn deuten darauf hin, dass das Bild nicht nur anders bewertet, sondern auch anders wahrgenommen wird“, erklärt Rasha Abdel Rahman, Professorin für Neurokognitive Psychologie, den Befund.

Berühmtheit bewahrt nicht vor negativer Wahrnehmung

Die Ergebnisse zeigten, dass Gemälde von Künstler:innen, über die ein sozial-negatives biographisches Wissen vorhanden war, von den Studienteilnehmenden weniger positiv bewertet wurden, zu größerer innerer Erregung führten und als qualitativ schlechter eingeschätzt wurden als Gemälde von Personen, über die neutrale Informationen vermittelt wurden. Da nützte es auch nichts, wenn die Künstler:innen berühmt waren.

Die Studie zeigt auch auf, dass zur Beantwortung grundlegender Fragen – wie der nach der Trennung von Kunst und Künstler:in – auf die meist theoretische Antworten gesucht werden, empirische Herangehensweisen wichtige ergänzende Erkenntnisse liefern können.

Offensichtlich ist das mit der Trennung offenbar nicht so einfach. Wer große Kunst erschafft und das Publikum durch unsoziales Verhalten gegen sich aufbringt, darf also nicht hoffen, dass seine Kunst weiterhin gewürdigt und gepriesen wird.

Die Ergebnisse sind im Fachmagazin Scientific Reports erschienen

Quelle:

Was denkst du darüber?

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung; Bild: Estelle_ / pixabay - Stand: 4. Juni 2024