Verdacht auf Essstörungen nicht ignorieren

PsychologInnen raten: Das Problem offen ansprechen

Abwarten, ignorieren oder gleich einen Klinikaufenthalt klar machen? Wie sollen Eltern, FreundInnen und Angehörige reagieren, wenn sie den Verdacht haben, dass ihre Tochter/Freundin/Verwandte unter einer Essstörung leidet? PsychologInnen raten, auf jeden Fall mit der Betroffenen zu sprechen und ihre Sorge offen auszudrücken - ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Auch sollte das Mädchen nicht unter Druck gesetzt werden, so zu essen wie man es selbst für normal hält. Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (BKJPP) rät den Angehörigen, dem Kind erstmal nur zuzuhören und klarzumachen, dass sie sich Sorgen um seine Ernährung machen, und dass sie sich für die möglichen Probleme dahinter interessieren. Wenn das erste Gespräch für alle Beteiligten emotional sehr aufwühlend verläuft und es sogar zu Streitigkeiten oder Wutausbrüchen komme, sei es sinnvoller, mit dem nächsten Gesprächsversuch etwas zu warten, bis sich alle wieder beruhigt haben und das, was gesagt wurde, verarbeiten und bewerten konnten.

*Eher motivieren als drängen*
Wenn Eltern eine Beratung oder Behandlung bei einem Kinder- und Jugendpsychiater vorschlagen, sollten sie aber nicht darauf drängen, sondern ihre Kinder eher dazu motivieren, sich helfen zu lassen, raten die Experten. Wenn in sehr dringenden Fällen sofort eine Therapie nötig werde, sollte die Betroffene dann später möglichst in alle weiteren Entscheidungen einbezogen werden und mitbestimmen können, ergänzt der Kinder- und Jugendpsychiater.

*Wie erkennt man eine Essstörung?*
Essstörungen seien an bestimmten Denk- und Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen, zum Beispiel wenn die Jugendlichen sich zunehmend mit ihrer Figur, dem Essen und der Kaloriendichte von Nahrungsmitteln beschäftigen. „Bei der Magersucht hören Betroffene früher oder später fast völlig mit dem Essen auf und nehmen nicht mehr an gemeinsamen Mahlzeiten teil. Das fällt meist schon auf, bevor sich ein Untergewicht einstellt“, berichtet Dr. Spitczok von Brisinski. Bulimie sei dagegen von außen schwieriger zu erkennen, weil die Betroffenen die Krankheit meist vor der Umgebung verstecken. „Angehörige wissen oft gar nichts von den Essanfällen und vom erzwungenen Erbrechen. Allerdings merkt man auch hier manchmal Veränderungen. Betroffene essen nicht mehr mit den anderen Familienangehörigen, verzehren besonders große Mengen oder verschwinden nach dem Essen länger auf der Toilette“, so der Experte. Betroffen sind vor allem junge Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren, die sich oft besonders kritisch mit ihrem Gewicht auseinandersetzen.