Emissionen steigen, statt zu sinken
Neuer Bericht des Global Carbon Projects zeigt: Leider keine Anzeichen für einen Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen
Die derzeit stattfindende Klimakonferenz ist dringender als je zuvor, denn der Menschheit bleibt nicht mehr viel Zeit, um die verheerendsten Auswirkungen der gestiegenen CO2-Emissionen abzumildern. Der Bericht des Global Carbon Projects liefert passend zur Weltklimakonferenz die traurigen Fakten, denn leider sehen die Wissenschaftler:innen keine Anzeichen für einen Rückgang der ausgestoßenen Klimagase. Die fossilen CO2-Emissionen werden bis Ende 2022 weltweit bei 36,6 Milliarden Tonnen CO2 liegen. Hinzu kommen noch Emissionen aus der Landnutzung, insbesondere der Entwaldung in tropischen Regionen von 3,9 Milliarden Tonnen. Bleiben die Emissionen so hoch, wird das verbliebene Kohlenstoffbudget zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze (Pariser Klimaziele) schon in neun Jahren aufgebraucht sein.
Klimapolitik und technologischer Wandel greifen noch nicht genug
Positiv sei, dass sich das langfristige Wachstum der fossilen Emissionen abgeschwächt habe. 24 Länder mit wachsenden Volkswirtschaften haben ihre CO2-Emissionen aus z.B. Erdgas und -öl sogar gesenkt. Doch dies reiche nicht, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Um bis zum Jahr 2050 null CO2-Emissionen zu erreichen, müssten die gesamten anthropogenen CO2-Emissionen um durchschnittlich 1,4 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr gesenkt werden, so die Forschenden. Diese Menge könne man mit dem Rückgang des CO2-Ausstoßes im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie vergleichen, was das Ausmaß der erforderlichen Maßnahmen verdeutlicht.
Der Anstieg der klimaschädlichen Gase in diesem Jahr sei vor allem auf den wieder gestiegenen Flugverkehr zurückzuführen, wobei sich dabei auch regionale Unterschiede zeigen: während die CO2-Werte in diesem Jahr in China und der Europäischen Union leicht sanken, stiegen sie in den USA, in Indien und in der übrigen Welt. Gründe dafür sehen die Forschenden in den geopolitischen Krisen und der Pandemielage: Der Rückgang der Emissionen in China ist auf die Auswirkungen coronabedingter Lockdowns zurückzuführen. In der EU hingegen ist der Rückgang vor allem durch die Einschnitte in der Gasversorgung zu erklären – so lagen die Emissionen 2022 etwa 10% niedriger als im Vorjahr, was allerdings zum Teil auch wieder durch einen Anstieg der Emissionen aus Kohle (um 6,7%) und Öl (um 0,9%) wettgemacht wurde.
Der Bericht zum Global Carbon Budget 2022 wird veröffentlicht, während sich die Staats- und Regierungschefs der Welt auf der COP27 in Ägypten treffen, um über die Klimakrise zu diskutieren. „Wir sehen einige positive Entwicklungen, aber bei Weitem nicht die tiefgreifenden Maßnahmen, die jetzt eingeleitet sein müssten, um die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu halten. Die fossilen Emissionen steigen, statt zu sinken. Die Landnutzungsemissionen liegen weiterhin hoch – im Widerspruch zu dem auf der letztjährigen Klimakonferenz gefassten Beschluss, bis 2030 die globale Entwaldung zu stoppen. Unsere Ambitionen müssen verschärft, ihre Umsetzung viel nachdrücklicher vollzogen werden, wenn die Ziele des Pariser Abkommens Realität werden sollen“, sagt Julia Pongratz, Professorin für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU und Teil des Kernteams des Berichts.
Tropische Entwaldung sorgt für hohe Emissionen
Einen großen Einfluss auf die globale Kohlenstoffbilanz hat neben den Emissionen aus fossilen Quellen auch die Landnutzung durch den Menschen. Diese liegen in diesem Jahr bei geschätzt 3,9 Milliarden Tonnen CO2. „Den größten Anteil hat die Entwaldung mit Emissionen von etwa 6,7 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr im letzten Jahrzehnt – hier gibt es großes Potenzial für Emissionsreduktionen. Die Hälfte dieser Emissionen, 3,5 Milliarden Tonnen CO2, wird durch nachwachsende Wälder und Aufforstungen kompensiert. Diese Senken gilt es aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen“, sagt LMU-Mitarbeiter Clemens Schwingshackl, der ebenfalls zum Bericht beitrug.
Die Landnutzungsemissionen entstehen vor allem in den tropischen Regionen – Indonesien, Brasilien und die Demokratische Republik Kongo waren im letzten Jahrzehnt für zusammen 58% der weltweiten Landnutzungsemissionen verantwortlich.
Der Bericht zum Global Carbon Budget erfasst auch den Verbleib der anthropogenen CO2-Emissionen in den natürlichen Senken. Für 2022 schätzen die Wissenschaftler:innen die CO2-Aufnahme des Ozeans auf 10,5 Milliarden Tonnen, die auf dem Land auf 12,4 Milliarden Tonnen. Die verbleibende knappe Hälfte der Gesamtemissionen lässt die atmosphärische CO2-Konzentration weiter steigen, auf 51% über ihrem vorindustriellen Niveau.
Der Bericht zum Global Carbon Budget wird gemeinsam von mehr als 100 Wissenschaflter:innen aufgrund von Daten globaler Messnetzwerke, Satellitendaten, statistischen Erhebungen und Modellrechnungen erstellt. Das Global Carbon Budget 2022 ist die 17. Ausgabe des jährlich erscheinenden Berichts, der durch unabhängige Expert:innen begutachtet wird.
Quelle:
Autorin / Autor: Presemitteilung/ Redaktion - Stand: 11. November 2022