Einflusslose Medien?

Egal welche Medien wir nutzen, digitale oder analoge, sie stehen offenbar nicht in Zusammenhang mit Glück oder Angstzuständen, so eine aktuelle Studie

"Lies doch mal ein Buch, statt immer nur aufs Handy zu glotzen!" Häufig wird angenommen, dass die Beschäftigung mit traditionellen Medien wie zum Beispiel Büchern unser Wohlbefinden verbessert, während die Nutzung digitaler Medien dazu führt, dass es uns schlechter geht. Bislang fehlte jedoch der Nachweis dazu. In ihrer neuen Studie "No effect of different types of media on well-being" gingen Wissenschaftler_innen der Universität Oxford und der Universität Wien nun dieser Frage genauer auf den Grund. Dafür untersuchten sie die Mediennutzungsgewohnheiten und das Wohlbefinden von 2.159 Erwachsenen im Vereinigten Königreich während der Pandemie zwischen April und Mai 2020 anhand von Daten aus einer landesweit repräsentativen Umfrage. In wöchentlichen Umfragen, die über einen Zeitraum von sechs Wochen durchgeführt wurden, berichteten die Teilnehmer_innen über die Zeit, die sie in der vorangegangenen Woche mit Musik, Fernsehen, Filmen, Videospielen, Büchern, Zeitschriften und Hörbüchern verbracht hatten, sowie über ihr Glücksgefühl und ihre Angstzustände am Vortag.

Medienkonsum hat überraschend geringen Einfluss auf unser Wohlbefinden

Das Ergebnis dürfte besonders jene überraschen, die digitale Medien immer wieder verteufeln, denn diejenigen, die Bücher, Zeitschriften oder Hörbücher konsumiert hatten, wiesen ein ähnliches Glücks- und Angstniveau auf wie diejenigen, die dies nicht getan hatten. Allerdings trat bei denjenigen, die sich mit Musik, Fernsehen, Filmen und Videospielen beschäftigt hatten, tendenziell ein niedrigeres Glücks- und höheres Angstniveau auf, als bei denen, die diese Medien nicht genutzt hatten. Diese Unterschiede waren jedoch gering und nicht kausal. Für die Forschenden heißt das: die Unterschiede waren in beide Richtungen erkennbar; diejenigen, die weniger glücklich waren und mehr Angst hatten, beschäftigten sich auch eher mit Musik, Fernsehen, Filmen und Videospielen, aber nicht mit Büchern, Zeitschriften oder Hörbüchern. 

Um ein besseres Verständnis von Ursache und Wirkung zu erhalten, untersuchten die Forschenden auch die einzelnen Nutzer_innen. Dabei stellte sich heraus, dass eine Änderung des Medienverhaltens eines Einzelnen nicht mit wesentlichen Veränderungen des Angst- oder Glücksgefühls verbunden war. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Gesamtauswirkungen des Konsums traditioneller Medien auf das kurzfristige Wohlbefinden vernachlässigbar sind, schlussfolgern die Studienautor_innen.

Tobias Dienlin von der Universität Wien fasst zusammen: "Dies ist eine weitere Studie, in der wir feststellen, dass der Medienkonsum einen überraschend geringen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat. In der Öffentlichkeit hört man jedoch oft, dass Medien einen sehr schädlichen Einfluss haben. Unsere Studie stützt solche Behauptungen nicht." Und Hauptautor Niklas Johannes von der Universität Oxford hält es auch für einen weit verbreiteten Irrglauben, dass alle Formen der neuen Medien, insbesondere die sozialen Medien, einen negativen Einfluss auf unsere psychische Gesundheit hätten, während der Konsum traditioneller Medien, wie das Lesen von Büchern, gut für uns sei.

Bezogen auf kurzfristige Wirkungen, mögen die Ergebnisse stimmen. Was die Studie allerdings nicht beleuchtet, sind langfristige Folgen des Medienkonsums, und dazu gibt es ja schon einige Untersuchungen, die einen Einfluss von zum Beispiel Social Media-Angeboten auf das Wohlbefinden belegen, nicht zuletzt auf das Körperbild von jungen Frauen.

Die Studie der Universität Oxford und der Universität Wien wurde in Nature Scientific Reports veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redation/ Pressemitteilung - Stand: 22. Januar 2022