Ehrfurcht hebt die Stimmung

Spazieren und Staunen: Forscher_innen entwickeln einfache Methode, um das Wohlbefinden zu verbessern

Ein riesiger Wasserfall, ein bunt gefärbter Wald, der Blick in den Sternenhimmel. Jeder kennt diese Momente, in denen einem bei dem Anblick einer beeindruckenden Landschaft der Atem stockt oder einen ein Gefühl der Ehrfurcht ergreift, wenn man an einem Ereignis teilhat, das größer ist als man selbst. Solche "ehrfürchtigen" Momente lassen uns nicht nur staunen, sondern können auch das allgemeine Wohlbefinden verbessern. Das zumindest meinen Wissenschaftler_innen der University of California San Francisco, die untersucht haben, wie sich eine Art "Ehrfurchtstraining" auf die Stimmung von älteren Menschen auswirkt. Die Forscher_innen ließen ihre über 65-Jährigen Testpersonen 8 Wochen lang täglich Spaziergänge unternehmen. Dabei sollte eine Gruppe gezielt versuchen, beim Spaziergang dieses Ehrfurchtsgefühl zu erleben - etwa indem sie ein besonders Augenmerk auf die Schönheit der Natur richteten. Die andere Gruppe wurde ohne Instruktionen spazieren geschickt. Dabei sollten die Teilnehmer_innen außerdem Selfies machen, zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Spaziergangs.

Anschließend wurden alle ausführlich zu ihrem Erleben befragt und es wurde natürlich auch erfasst, wie die Stimmung in der sonstigen Zeit ausfiel. Es zeigte sich, dass die Ehrfurchtsgruppe im Laufe der Studie zunehmend gute Stimmung aufwies und stärker über positive Emotionen wie Dankbarkeit und Mitgefühl berichteten. Bei der Kontrollgruppe, die "nur so" spazieren gegangen war, zeigten sich solche Effekte nicht, woraus die Forscher_innen schließen, dass es hier nicht nur um die positiven Auswirkungen von täglicher Bewegung ging.

*Großes Lächeln, kleines Selbst*
Die Selfies offenbarten noch einen anderen interessanten Aspekt. Auf den Bildern der Ehrfurchtsgruppe wurde nicht nur mehr gelächelt, sondern die Personen wurden auch immer kleiner und es war immer mehr Landschaft im Bild. Die Forschenden bezeichnen den Effekt, den diese Ehrfurchtsgefühle auf uns haben, als "small self". Wir fühlen uns klein angesichts einer wundervollen Landschaft oder wenn wir bei einer riesigen Veranstaltung in der Menschenmenge untergehen. "Klein" steht dabei nicht für ein Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht, sondern zeigt eine gesunde Einschätzung der Proportion zwischen uns selbst und der Welt um uns herum. Dies kann viele positive Gefühle erzeugen und Bescheidenheit, Großzügigkeit und Wohlbefinden verstärken. Auf den Selfies der Spaziergänger_innen wurde dieses "small self" konkret sichtbar, warum die Studie, die im Fachjournal Emotions erschienen ist, auch den Titel "Big smile, small self" trägt.

Für die Forschenden demonstrieren die Ergebnisse eine einfache Möglichkeit der Intervention - etwa um das Wohlbefinden älterer Menschen zu verbessern. Es ist bekannt, dass ältere Menschen häufiger von Traurigkeit befallen werden.

Aber auch für euch kann es einen Versuch wert sein, Ehrfurcht zu trainieren, wenn euch negative Gefühle dauerhaft im Griff haben. Geht zu einem wundervollen Aussichtspunkt, macht einen Herbstspaziergang oder guckt bei Nacht in einen unendlichen Sternenhimmel. Genießt den Anblick und staunt über seine Schönheit. Und nehmt dabei wahr, dass ihr ein klitzekleiner Teil von einem großen Ganzen seid. Dann schrumpfen mit eurem Ich vielleicht auch all eure Sorgen und Bedenken und lösen sich in einer großen Dankbarkeit für die Schönheit der Welt auf. Ein Versuch ist es zumindest wert ;-).

Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 27. Oktober 2020