Dschungel ist out

Studie: Bilderbücher spielen dort, wo die Wildnis fern ist

Wo Pippi Langstrumpf früher noch mit ihren Freunden, Pferd und Affe die Natur erobert hat, in Wäldern und auf hoher See unterwegs war, weichen heute in Kinderbüchern Bäume anscheinend immer mehr Wolkenkratzern. Wie gerne hat man sich doch früher mittels bunter Bilder auf Abenteuerreise begeben, sich in die Heldinnen und Helden hineinversetzt, die den Dschungel durchqueren oder auf einer einsamen Insel zurechtkommen müssen. Kaum vorstellbar, dass die heutigen Bilderbücher eher den Alltag abbilden, in Häusern spielen und in großen Städten. Doch genau so sieht es aus, meinen Forscher der University of Nebraska-Lincoln, die sich 300 US-amerikanische Bilderbücher zwischen den Jahren 1938 und 2008 näher angeschaut haben.

Ihr Augenmerk legten sie dabei auf Bilderbücher, die von der American Library Association mit der sogenannte Caldecott-Medal, einem der bedeutendsten Kinderbuchpreise der Vereinigten Staaten, ausgezeichnet wurden. Insgesamt 8.100 Illustrationen nahmen Allen Williams und sein Team unter die Lupe. Dabei hielten sie fest, ob die Bücher natürliche Umgebungen wie Dschungel oder Wälder abbildeten oder etwa städtische Räume, Häuser, Schulen und Büroräume oder etwa Zwischenformen wie Gärten. Auch beobachteten sie, ob Tiere in den Zeichnungen vorkamen und wenn ja, ob dies eher Tiere aus der freien Natur waren oder Haustiere. Das Resultat ist eindeutig: Die Natur musste im Laufe der Jahre immer mehr den von Menschen errichteten Umgebungen weichen. Auch Tiere aus freier Wildbahn wurden zunehmend durch Haustiere ersetzt und der Kontakt zwischen Mensch und Tier nehme immer weiter ab. Gebäude werden in 58 Prozent der aktuelleren Illustrationen abgebildet, während die einst wichtigeren Naturaufnahmen nur noch mit 46 Prozent vertreten sind. Vor allem ab den 1970ern zeigt sich der Trend zu immer weniger Natur.

"Ich bin besorgt, dass der fehlende Kontakt zu Natur und Tier dazu führt, dass wir uns weniger um unsere natürliche Umgebung Gedanken machen, dass wir uns weniger darum kümmern, was mit anderen Lebewesen passiert und unser Verständnis für Umweltprobleme sinkt", sagt Allen Williams. Da bleibt wohl nur zu hoffen, dass es in deutschen Kinderbüchern anders aussieht. Es ist doch viel spannender, Neues zu entdecken als sich das Grau des Alltags auch noch in Büchern anzuschauen.

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 27. Februar 2012