Die Theorie der Schönheit

Eine neue Studie analysiert die Unterschiede von Schönheit, Eleganz, Sexyness und Anmut

Bild: Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik

Egal ob Kunstwerke, Gebäude, Filme, Fotos, Mode oder Menschen - was ästhetisch gefällt, bezeichnen wir als "schön". Doch was bedeutet das eigentlich genau? Das wollten Wissenschaftler_innen des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik herausfinden und wählten dazu die Methode des Vergleichs. Sie untersuchten zusätzlich zu „schön“ drei weitere ästhetisch wertende Kategorien, die im Sprachgebrauch als besondere Spielarten des Schönen verwendet werden: „elegant“, „anmutig“ und „sexy“. Alle diese Begriffe gibt es weltweit in vielen Sprachen, Eleganz und Sexyness sogar in den meisten Fällen unter Verwendung des gleichen lateinischen Wortstamms. Mit dem Ziel, die vier Kategorien zu vergleichen, ließ eine Forschergruppe um Winfried Menninghaus Studienteilnehmer_innen etliche Fragebögen ausfüllen, die auch freie und gelenkte Assoziationsaufgaben beinhalteten.

Dabei stellten sich Anmut und Eleganz auf der einen, Sexyness auf der anderen Seite als Pole des Schönheitsspektrums heraus. Sexyness wird dabei als extrovertierter, erregender und bunter gesehen als Eleganz und Anmut und nicht immer als geschmackvoll bewertet. Bei den Begriffen Anmut und Eleganz wird dann eher Fließen und Leichtigkeit, Harmonie, eine gewisse Zurückhaltung, Feinheit und eine Prise Exquisitheit, kombiniert mit Schlichtheit (Einfachheit) assoziiert. Der Unterschied zwischen Eleganz und Anmut ist gering: Eleganz wird als etwas nüchterner, strenger, geschmackvoller, kulturell hochstehender und auch kostspieliger als Anmut empfunden.

*Menschen wirken erst ab einem Alter von 30 Jahren elegant*
Betrachtet man nun die Frage, welchen Personen die Begriffe von Schönheit, Eleganz und Sexyness zugeordnet werden, stellten die Forscher_innen fest, dass der Faktor Alter eine große Rolle spielt. Auch hier stellten sich Eleganz und Sexyness als Antipoden heraus. Zuschreibungen von Sexyness erreichen Höchstwerte im Alter von 16 bis 30 Jahren und fallen danach relativ deutlich ab. Die Bewertung "das ist elegant" beginnt erst ab dem Alter von 30 Jahren höhere Werte zu erreichen, der Höhepunkt liegt sogar erst in der vierten und fünften Lebensdekade. Über alle diese Unterschiede hinweg zeigen Eleganz und Anmut auf der einen Seite, Sexyness auf der anderen auf vielen Maßen annähernd gleich große Überschneidungen mit der Zuschreibung von Schönheit.

*Für eine Ästhetik der feinen Unterschiede*
Das Ergebnis dieser Studie lege es nahe, künftig auch gezielt besondere Spielarten des Schönen zu erforschen, statt nur nach „Schönheit“ überhaupt zu fragen. Die Kategorie „Eleganz“ verdiene dabei besondere Aufmerksamkeit, findet die Forschungsgruppe. Sie datiert bis in die lateinische Antike zurück, hat eine lange mittelalterliche, neuzeitliche und auch moderne Tradition (z.B. in der Bauhaus-Ästhetik). Wenn heute in den Computer Sciences vielfach von „eleganten“ Lösungen für schwierige Programmierungen gesprochen wird, ist dies eine direkte Fortsetzung des langen Lobs kognitiver Eleganz, d.h. überraschend „einfacher“ Lösungen für schwierige kognitive Aufgaben. Auch in heutigen Mode- und Design-Kontexten wird der Begriff „Eleganz“ vielfach verwendet. Umso erstaunlicher ist, dass es bislang noch keine wissenschaftliche Studie zu diesem Thema gegeben hat. Die vorliegende Studie macht den Anfang auch für die Suche nach einer bislang fehlenden Theorie der Eleganz.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 25. Juli 2019