Das Beste kommt am Anfang

Verbraucherzentrale: Fortsetzungen von Brettspielen oft enttäuschend

Es ist wie bei einem guten Film oder einem guten Buch. War der erste Teil ach so toll, können die Fortsetzungen meist nicht mithalten. Mittlerweile bleibt auch kein halbwegs erfolgreiches Brett- oder Strategiespiel mehr ohne Fortsetzung. Selbst nach weit mehr als einer Dekade Bauzeit tut sich Neues in Catan und Carcassonne. Doch in die Lobeshymnen der Fans mischen sich oft auch deutlich vernehmbare Misstöne, wenn es um Preise, Qualität und Ausstattung der Nachfolger geht. Das zeigte ein Check der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Mit Gesellschaftsspielen setzte die Branche im vergangenen Jahr satte 300 Millionen Euro um. Etwa 350 Spiele kommen alljährlich in Deutschland neu auf den Markt, schätzt die Fachgruppe Spiel im Deutschen Verband der Spielwarenindustrie. Eins davon wird zum "Spiel des Jahres" gekürt. Das rote Püppchen-Logo auf der Box erweist sich seit 1979 (Hase und Igel) als absatzfördernd. Mehr als 300.000 zusätzlich verkaufte Exemplare, so eine Faustformel, bringt die Auszeichnung für den Hersteller.

*Alles rausholen, was geht*
Doch da geht noch viel mehr. Längst gibt es beispielsweise das Legespiel *Qwirkle*, den rund 18 Euro teuren Preisträger des Jahres 2011, auch als Würfel-Variante und Big-Box. Wer obendrein Qwirkle Travel in den Koffer packt, ist mit insgesamt schon rund 75 Euro dabei.

Noch härter trifft es die Geldbörse der Fans vom 2001-Titel-Träger *Carcassone* (ca. 17 Euro). Hier soll aktuell eine "Winter-Edition" für rund 15 Euro Herausgeber und Spiel bereichern. Dabei haben bereits acht Packungen die Festung im Süden Frankreichs über die Jahre drastisch erweitert - für jeweils rund zehn Euro. Hinzu belasten diverse Mini-Ergänzungen den Bau-Etat. Statt der ursprünglich 72 lassen sich so inzwischen weit über 300 Carcassonne-Karten horten.

Während es in den ersten 15 Jahren der Preisverleihung zumeist bei einem "Spiel des Jahres" blieb, ist seit den *Siedlern von Catan* (1995) Schluss mit dem Ende eines Spiels. Zug um Zug (2004) werden seitdem etwa *Zooloretto* (2007) und das Kartenspiel *Dominion* (2009) in immer neue kostenpflichtige Verlängerungen geschickt.

Selbst der betagte Klassiker *Monopoly* von 1935 spottet mittlerweile seinem Namen. 1.000 Euro reichen bei weitem nicht, um all die Länder- und Städte-Ausgaben, Borussia-Dortmund- und Star- Wars-Editionen zu erwerben.

Offenbar abgeguckt ist dieses finanziell clevere Ausbau-System von PC- und Konsolen-Hits wie etwa dem Kickerspiel *FIFA* oder dem Shooter *Call of Duty*. Deren Publisher bestücken seit Jahren regelmäßig die Regale mit immer neuen Versionen.

*Schlechte Noten für Nachfolger*
Schade nur: Was da ohne Unterlass auf den Markt geworfen wird, sorgt immer wieder für Missmut bei den Käufern. Das belegt ein Check der Verbraucherzentrale NRW, die sich Online-Bewertungen aller "Spiele des Jahres" bei Amazon genauer ansah.

Nicht weniger als 35 Varianten und Erweiterungen fanden sich, die in der Gesamt-Note schlechter abschnitten als das Gewinner-Spiel. Und das teilweise sehr deutlich.

Beispiele gefällig: Als "große Enttäuschung und schlichte Geldmacherei" wird eine Ergänzung zu *Thurn und Taxis* abgestraft, bei Zug um Zug wiederum sei mit dem neuen Zusatz-Würfel "der Spaßfaktor nach unten" gegangen. Als "völlig daneben" bewerten Fans auch den nachträglichen Einsatz eines 13 Euro teuren "Katapults" in *Carcassonne*. Damit habe sich allein der Hersteller "ins Aus katapultiert".

Herbe Kritik lastet auch schon auf dem aktuellen Jahressieger 2012, dem Strategiespiel *Kingdom Builder*. Für das schickt der Hersteller bereits drei Erweiterungen ins Rennen. Zwei davon, die Mini-Module Höhle und Kapitol, sollten just zum Weihnachtsgeschäft tüchtig Umsatz aufbauen - bei einem Verkaufspreis von je fünf Euro.

"Für eine kleine Kartonkarte, auf der die Anleitung steht und zwei Blättchen, welche in einem Tütchen verpackt sind, doch unverschämt teuer", buht es aus den Kommentaren. Dort gibt es auch den geschäftsschädigenden Tipp: "Die zwei Sechsecke einfach selbst basteln" - und fünf Euro sparen. "Regeln zum Modul gibt’s ja online."

Doch so simpel lassen sich die Herausgeber nur selten austricksen. Sie blähen ihr Angebot derart auf, dass selbst passionierte Hobby-Bastler das Nachsehen haben. Für die *Siedler von Catan* listet mittlerweile eine "Encyclopädia Catanica" auf, welche Packungen und Abarten der Besiedlung sich überhaupt miteinander kombinieren lassen.

So ist es kein Wunder, dass immer mehr Online-Kommentatoren wie "steph" stöhnen: "Inzwischen ist es einfach zu viel geworden!" Andere sehen sich zu Recht "im Zeitalter der Serienspiele. Da heißt es kräftig nachkaufen und für wenig Spielmaterial viel Geld zahlen".

Übrigens: Noch einen drauf gesetzt hat *Kill Dr. Lucky*. Für das makabere Strategiespiel braucht es skurrilen Humor schon beim Öffnen der rund 15 Euro teuren Pappschachtel. Die benötigten Püppchen hat der Publisher nämlich bewusst aus dem Inhalt eliminiert. Er wähnt sie - reichlich vorhanden - im Haushalt seiner Spieler.

Dafür gibt es immerhin das Spielfeld in Form von Papier-Blättern. Wer`s luxeriöser liebt, sollte den Tipp des preissensiblen Verlags beachten: "das Spielfeld auf einen festen Karton aufziehen oder mit Stickern zeitweilig zusammenkleben".

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Quelle

Autorin / Autor: Pressemitteilung / Redaktion - Stand: 31. Januar 2013