Ausgeschlafen durch Homeschooling

Studie der Uni Zürich ergab, dass Schulschließungen im Lockdown bei Jugendlichen zu längeren Schlafphasen und besserer Lebensqualität führten

Bild: Luise Weber

"Schulen dürfen auf gar keinen Fall mehr schließen", dies ist das Credo, das Expert_innen seit dem ersten Lockdown immer wieder mahnend ausrufen. Zu schlimm seien die Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden vieler Jugendlicher gewesen: Depressionen, Angstzustände, weniger körperliche Aktivität durch ewiges Sitzen vor dem Bildschirm. Und das haben Studien auch dargelegt. Allerdings hat auch dieses Thema eine zweite Seite, denn das Homeschooling hatte offenbar auch positive Effekte: Da Schüler_innen morgens länger schlafen konnten, verbesserte sich die Gesundheit und Lebensqualität zahlreicher Jugendlicher auch. Das ergab eine Studie der Universität Zürich (UZH), die gestern vorgestellt wurde. «Die Schülerinnen und Schüler schliefen während des Lockdowns rund 75 Minuten länger. Gleichzeitig stieg ihre Lebensqualität signifikant und der Konsum von Alkohol sowie Koffein sank», sagt Co-Studienleiter Oskar Jenni, UZH-Professor für Entwicklungspädiatrie. Da die Anreise zur Schule wegfiel, konnten die Jugendlichen später aufstehen.

Mehr Schlaf an Schultagen verbessert die Lebensqualität

Für ihre Untersuchung befragten die Forschenden 3664 Gymnasiastinnen im Kanton Zürich während des Lockdowns zu ihrem Schlafverhalten und ihrer Lebensqualität mittels eines Onlinefragebogens. Die Ergebnisse verglichen sie mit der Befragung von 5308 Schülern aus dem Jahr 2017. Dabei zeigte sich, dass die Jugendlichen im Homeschooling rund 90 Minuten später aufstanden, aber nur etwa 15 Minuten später zu Bett gingen – was die Schlafdauer insgesamt um 75 Minuten verlängerte. An den Wochenenden hingegen waren die Schlafenszeiten in beiden Gruppen vergleichbar.

Befragt zu ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität, gaben die Schüler_innen der Lockdown-Gruppe im Durchschnitt an, dass sie sich besser fühlten und auch weniger Alkohol und Koffein zu sich nahmen als jene der Vor-Corona-Gruppe. «Obwohl der Lockdown eindeutig zur Verschlechterung von Gesundheit und Wohlbefinden vieler Jugendlichen geführt hat, offenbaren unsere Ergebnisse auch einen positiven Effekt von Schulschließungen, der bisher vernachlässigt wurde», sagt Jenni.

Spätere Schulstartzeiten gefordert

Die Forschenden sehen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Schlafmenge und Wohlbefinden, denn zu wenig Schlaf könne bei Jugendlichen zu allgemeiner Müdigkeit, Angst und körperlichem Unwohlsein führen. Dadurch verschlechtere sich nicht nur die Stimmung, sondern auch Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisleistung und Aufmerksamkeit. Für sie ist es erwiesen, dass frühe Schulanfangszeiten im Konflikt stehen mit den biologisch bedingten, verspäteten Schlafzeiten von jungen Menschen. Ein zu ein früher Unterrichtsbeginn trägt ihrer Auffassung nach zum chronischen Schlafdefizit vieler Jugendlicher bei. In der Schweiz wird das Thema deswegen aktuell in mehreren Kantonen diskutiert.

«Unsere Befunde sprechen klar dafür, die morgendlichen Schulstartzeiten zu verschieben, damit die Jugendlichen mehr Schlaf bekommen», betont Jenni. Und was sagen die Forschenden zu den negativ belegten Auswirkungen aufgrund des Lockdowns und der Schulschließungen? "Vermutlich wären die positiven Effekte auf die Gesundheit und Lebensqualität ohne die psychischen Belastungen durch die Pandemie noch viel größer gewesen."

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 7. Januar 2022