Angstraum oder Wohlfühlort?

Forschungsprojekt untersucht Zusammenhang zwischen Stadtgestaltung und Emotionen

Bild: LizzyNet

Ob wir uns gelassen, fröhlich, ängstlich oder gestresst fühlen, hat nicht nur rein persönliche Gründe, sondern wird auch maßgeblich beeinflusst von der Umgebung, in der wir uns aufhalten. Unsichere Radwege, Stress durch Verkehrsstaus, Angst in Unterführungen – in unseren Städten gibt es viele belastende Faktoren. Eine nachhaltige Stadtgestaltung sollte nach Ansicht von ExpertInnen deshalb emotionale Reaktionen der EinwohnerInnen auf ihre Umwelt miteinbeziehen. Genau das soll in einem interdisziplinären Forschungsprojekt geschehen, das den passenden Namen „Urban Emotions“ trägt. 

WissenschaftlerInnen der Universitäten Heidelberg und Kaiserslautern entwickeln darin kreative Methoden, um mit nutzergenerierten Daten Auskunft über solche Gefühle zu erhalten. Die Daten sollen zeigen, wie BürgerInnen ihre Stadt nutzen, wo sie sich wohlfühlen und wo nicht.

Um die Gefühle und Stresslevel automatisiert auswerten zu können, werden Testpersonen mit Sensoren – ähnlich einer Armbanduhr – ausgestattet. „Damit können wir die Hautleitfähigkeit, die Körpertemperatur und die Herzfrequenzvariabilität messen, die sich ändern, wenn sich beispielsweise jemand erschrickt“, erklärt Dr. Bernd Resch, Geoinformatiker vom Geographischen Institut der Universität Heidelberg. Anhand der Messdaten können die ForscherInnen herausfinden, wo es Stress auslösende Verkehrspunkte und somit Verbesserungsbedarf gibt – zum Beispiel auf gefährlichen Radwegen oder in Unterführungen. „Mit den Sensoren lässt sich auch das subjektive Sicherheitsempfinden erfassen. Damit können wir überprüfen, ob ein ‚Angstraum‘ vorliegt und wie mit diesem im Idealfall planerisch umgegangen werden soll“, erklärt Bernd Resch. Die Daten sollen aber auch Aufschluss geben über Stress, der durch Lärm oder Hitze verursacht wird, oder über die positive Wirkung städtischer Gestaltungsmaßnahmen wie Grünanlagen als Entspannungsräume.

*Daten aus sozialen Netzwerken*
Zusätzlich zu den Messdaten wollen die ForscherInnen auch Daten aus sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook, Flickr oder Instagram auswerten. „Dort steht uns eine große Menge an subjektiven nutzergenerierten Daten zur Verfügung – eine bestens geeignete Datenquelle in einem Projekt, in dem wir auf die persönlichen Empfindungen von Menschen abzielen“, betont Dr. Resch.

Was wollen die Wissenschaftler mit ihrem „Urban Emotions“-Projekt herausfinden? „Unsere Vision ist es, dass hier ein System entsteht, in dem die Bürger in die Raumbeobachtung aktiv mit einbezogen werden. Sie sollen helfen, eine andere Form der Raumwahrnehmung zu generieren und so auch eine neue Sichtweise auf die Stadt als eine Art ‚Organismus‘ zu entwickeln“, erklärt Dr. Zeile. Dazu untersuchen die ForscherInnen, wie Emotionsinformationen am besten gewonnen werden können, wie belastbar diese Daten sind und wie sie so aufbereitet werden können, dass sie im Stadtplanungsprozess nutzbar sind. „Diese neuen kreativen Methoden können im Erfolgsfall eine wertvolle Ergänzung der traditionellen Stadtplanung sein“, sagt Dr. Resch.

Wissenschaftliche und technische Unterstützung erhalten die Wissenschaftler aus Heidelberg und Kaiserslautern vom Center for Geographic Analysis der Harvard University und dem Civic Data Design Lab des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) sowie den Research Studios Austria – iSPACE in Salzburg.

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Autorin / Autor: Redaktion /Pressemitteilung - Stand: 2. Oktober 2014