Angst vor der Natur?

Studie: Vor allem in größeren Städten suchen die Menschen im Internet vermehrt nach Phobien, die sich auf Lebewesen beziehen. Dazu gehören Spinnenangst und die Angst vor Schlangen, aber auch Angst vor Lebewesen, die uns eigentlich nichts anhaben können

Haben sich Stadtmenschen von der Natur entfremdet? So entfremdet, dass sie jetzt vor allen möglichen Lebewesen Angst haben, auch wenn diese gar nicht gefährlich sind? Forscher:innen wie Dr. Stefano Mammola vom italienischen Nationalen Forschungsrat und Mitautor einer aktuellen Studie zu dem Thema halten das für wahrscheinlich: "Es wird angenommen, dass naturbezogene Phobien in modernen Gesellschaften zunehmen, und obwohl einige Forscher vermuten, dass diese Veränderung mit der zunehmenden Abkopplung von der Natur durch das Leben in der Stadt zusammenhängen könnte, sind das Ausmaß und die Triebkräfte solcher Veränderungen nach wie vor kaum bekannt."
Typische Biophobien (die Angst vor Lebendigem) sind die Angst vor Spinnen (Arachnophobie) und die Angst vor Schlangen (Ophidiophobie), unter der recht viele Menschen leiden. Diese Ängste boten unseren Vorfahren möglicherweise einen Überlebensvorteil, denn die Angst (und das Meiden) potenziell giftiger Tiere war in einigen Fällen sicher lebensverlängernd. Die Angst vor Hühnern, Würmern, Blumen, Wäldern oder Vögeln gehören hingegen eher zu den Ängsten, die keinen Nutzen hatten und haben, dafür aber das Wohlbefinden sehr beeinträchtigen können.

Um herauszufinden, wie weit verbreitet Biophobien tatsächlich sind, haben Dr. Ricardo Correia von der Universität Turku in Finnland, Stefano Mammola und ihr Team weltweite Internetanfragen zu 25 ausgewählten Biophobien und - zum Vergleich - zu 25 anderen Ängsten analysiert. Die These: Menschen, die unter bestimmten Phobien leiden, suchen vermutlich auch verstärkt nach Informationen zu ihren Ängsten, die Daten zu den Suchanfragen könnten darum Aufschluss geben, wie verbreitet solche Ängste sind und wo Menschen besonders stark darunter leiden.

Hinweise auf mehr Biophobien bei städtischer Bevölkerung

Bei der Auswertung kam heraus, dass das Interesse an Biophobien weltweit für 17 der 25 Biophobien zunimmt, wenn auch langsamer als bei anderen spezifischen Phobien, für die die Suchanfragen ebenfalls zunehmen. Dabei war die Anzahl der Biophobien, für die ein Suchinteresse auf Länderebene festgestellt wurde, positiv mit der Anzahl der Giftarten im Land und dem Anteil der in städtischen Gebieten lebenden Bevölkerung des Landes verbunden.

Laut den Forscher:innen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Biophobien in Ländern mit einer großen und seit langem etablierten städtischen Bevölkerung wahrscheinlich häufiger auftreten. "Diese Ergebnisse stützen frühere Hypothesen, die einen Zusammenhang zwischen dem Leben in der Stadt und der Abkopplung von der Natur durch das Aussterben von Naturerfahrungen nahelegen. Dies spiegelt sich letztlich in Angst und Abscheu gegenüber anderen Lebensformen wider. Diese Reaktionen können sich negativ auf das Wohlbefinden der Menschen auswirken, haben aber auch Folgen dafür, wie die Menschen die Erhaltung der Natur in ihrer Umgebung wahrnehmen und unterstützen", so Forscher Correia.

Bevor ihr also das Zittern kriegt, wenn sich ein harmloses Insekt auf eurem Arm niederlässt oder sich euch beim Anblick einer Blumenwiese die Nackenhaare aufstellen, solltet ihr euch vielleicht regelmäßig einer vorbeugenden Konfrontationstherapie in freier Natur unterziehen: Raus ins Grüne, Tiere beobachten und Pflanzen bestaunen. Wenn euch als Stadtkinder die Biophobie schon erwischt hat, dann lasst euch professionell helfen!

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Autorin / Autor: Redaktion / Presseinformation - Stand: 13. Juli 2023