Adieu Avatar

Virtueller Friedhof soll Ausstieg aus Onlinespielsucht erleichtern

Viele haben ihn Jahre lang als Teil ihres Lebens begriffen. Haben ihn gepäppelt und ausgestattet, haben ihn kämpfen und verlieren sehen, haben begeistert mitverfolgt, wie stark, wie kampferfahren, wie reich und mächtig er geworden ist. Und dann ist es plötzlich unsäglich schwer, ihn loszulassen, den lieb gewonnenen Avatar, der einen so lange begleitet hat.

Für manche OnlinespielerInnen ist der Abschied aus der Welt der Avatare und virtuellen Welten genauso schwer wie für einen Drogenabhängigen der Verzicht auf sein Suchtmittel.

Herolymp - der virtuelle Friedhof für Avatare soll Onlinespielsüchtigen nun helfen, sich würdig von ihrer personifizierten Sucht zu verabschieden oder zumindest Anreize für einen Ausstieg geben. An einem virtuellen Gedenkstein (Wall of Fame) können AussteigerInnen und solche, die es werden wollen, ihrem Avatar das letzte Geleit geben und die (verlorene) Zeit mit ihm beweinen. Die unglücklichen Angehörigen haben außerdem die Möglichkeit, ein "Testament" zu hinterlassen. Während manche in getragenen Worten ihrem lieben Verblichenen gedenken ("Der Kampf des Lebens ist zu Ende, vorbei ist aller Erdenschmerz, nun ruhen deine fleißigen Hände, still steht ein liebes Kämpferherz."), zeugen manche Testamente von den Erkenntnissen über eine Jahre währenden Sucht: "Ihr seid gescheitert, weil euer Puppenspieler erwacht ist und bemerkt hat, dass nicht er an den Fäden zieht, sondern Ihr."

Die Idee zu Herolymp hatten Studenten der Frankfurter Akademie of Visual Arts, die selbst auch gerne Onlinerollenspiele spielen. Umgesetzt wurde Herolymp mit dem Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main. Bei der Vorstellung der Seite sagte Gesundheitsdezernentin Rottmann, das Drogenreferat wolle Menschen, "die über Monate und Jahre sehr viel Zeit mit dem Spiel und ihrem Avatar verbracht haben, dabei unterstützen, sich von ihrer Spielfigur und damit von dem Spiel verabschieden zu können. Dabei muss die Figur nicht spurlos verschwinden und verloren gehen." Die Website ist Teil einer Präventionsstrategie, die junge Menschen bei einem gesunden und unbeschadeten Aufwachsen in der digitalen Welt unterstützen will.

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 21. Juni 2010