Einsamkeit schädlicher als Rauchen?

Studie: Soziale Beziehungen beeinflussen Gesundheit

Unsere moderne Lebensweise widerspricht eigentlich unserer Natur: Obwohl der Mensch von Natur aus ein soziales Wesen ist, leben immer mehr Menschen allein. Die Großfamilie ist ein Auslaufmodell und meist ziehen die Kinder spätenstens mit Beginn der Ausbildung oder des Studiums weg von zu Hause. Nicht selten sind Verwandte sogar über die ganze Welt verstreut. Was einerseits eine erfreuliche Entwicklung ist, weil sich Menschen aus aller Welt leichter begegnen können, hat aber auch Schattenseiten: die Menschen empfinden immer häufiger Einsamkeit. In Großbritannien fühlen sich laut einer aktuellen Umfrage der Mental Health Foundation 10 Prozent oft einsam. 33 Prozent haben einen engen Freund oder Verwandten, von dem sie denken, dass er oder sie einsam ist, und die Hälfte der Befragten sind der Meinung, dass die Menschen im Allgemeinen immer einsamer werden. Auch in den USA gab es in den letzten zwei Jahrzehnten einen dreifachen Anstieg derjenigen, die angeben, keine engen Vertrauten zu haben.

Einsamkeit verkürzt die Lebenszeit

Dass Einsamkeit nicht nur ein rein psychologisches Problem ist, sondern massiv die Lebenszeit verkürzen kann, wollen nun ForscherInnen von der Brigham Young University im US-Staat Utah herausgefunden haben. Ihr Vergleich von 148 Studien zum Sterberisiko ergab, dass Menschen mit stärkeren sozialen Beziehungen eine 50 Prozent höhere Überlebenschance haben als solche mit wenig sozialen Bindungen. Daraus ergibt sich zahlenmäßig etwa das gleiche Risiko eines früheren Todes wie bei Rauchern und Menschen mit hohen Alkoholkosum. Der Risikofaktor Einsamkeit soll statistisch sogar höher liegen als die lebensverkürzenden Schädlinge Bewegungsmangel und Übergewicht. Menschen mit ausreichenden sozialen Bindungen leben demnach offenbar gesünder, leiden weniger unter Stress und Depressionen und haben ein besser funktionierendes Immunssystem, lasen die Wissenschaftler aus den Studienergebnissen. Und das soll nicht nur für alte Menschen gelten, sondern sich durch alle Generationen ziehen.

Die ForscherInnen folgern daraus, dass ÄrztInnen und andere GesundheitsexpertInnen die Menschen ganzheitlicher betrachten und behandeln sollten, und neben Faktoren wie Ernährung, Bewegung und Drogenkonsum auch ihr soziales Umfeld - und zwar alle Beziehungen und nicht nur eheliche oder Paarbeziehungen - einbeziehen müssen. Auch bei der Behandlung in Kliniken sollte mehr gegen die Isolation getan werden.

Die Daten ergaben sich aus Studien, bei denen ca. 300.000 Menschen über 7,5 Jahre hinweg beobachtet wurden.

Autorin / Autor: Redaktion/ plosmedicine.org - Stand: 2. August 2010