Nicht "verwöhnter" als andere

Einzelkinder lernen soziales Verhalten in der Schule

Sie gelten oft als als verwöhnt, egoistisch und nicht fähig, mit anderen zu teilen: Einzelkinder. So jedenfalls lauten die weit verbreiteten Vorurteile. Eine neue US-Studie räumt jetzt mit diesen Klischees auf und behauptet: Wer als Einzelkind aufwächst, wird später nicht unsozial und einsam. Befragungen von mehr als 13.000 SchülerInnen ergaben demnach, dass Kinder, die ohne Geschwister aufwachsen unter Gleichaltrigen nicht weniger beliebt sind als Jungen und Mädchen mit Geschwistern.

"Niemand muss davor Angst haben, zu wenig soziale Fähigkeiten auszubilden, nur weil man keine Geschwister hat", sagte Donna Bobbitt-Zeher, Co-Autor der Studie und Soziologin an der Ohio State Universität. Weil die Familiengröße in den Industrieländern stetig abnehme, scheine die Sorge umzugehen, dass ein Mangel an Geschwistern Kindern schaden und negative Folgen auf die Gesellschaftsstrukturen haben könnte, sagte Bobbitt-Zeher. Viele hätten Angst, dass Einzelkinder nicht die nötigen sozialen Fähigkeiten erwerben, weil ihnen die Interaktion mit Geschwistern fehle.

Eine Kindergarten-Studie aus dem Jahr 2004 hatte tasächlich ergeben, dass Kinder, die ohne Geschwister aufgewachsen waren, weniger sozial waren als Gleichaltrige mit mindestens einem Geschwisterteil.

Anzahl der Geschwister hat keine Auswirkung auf Freundschaften

Diese neue Studie wurde nun entwickelt, um festzustellen, wie es denn bei älteren Kindern und Jugendlichen aussieht. Die Daten dafür stammen aus der Nationalen Studie von "Adolescent Health" (ADD Health ), für die SchülerInnen der Klassen 7 bis 12 aus mehr als 100 US-Schulen im Jahr 1994-1995 befragt wurden. Für diese Befragung wurde eine innovative Methode gewählt, um herauszufinden, wieviele Freundschaften die SchülerInnen hatten: Jede/r SchülerIn wurde eine Namensliste aller Schüler an ihrer Schule gegeben mit der Bitte, bis zu fünf männliche und fünf weibliche Freunde anzugeben.

Insgesamt wurden die SchülerInnen in der Studie von durchschnittlich fünf anderen MitschülerInnen als "Freund" angegeben, egal ob es sich um Mädchen und Jungen mit oder ohne Geschwister handelte. Auch die kulturelle Herkunft der Familie oder der Bildungsgrad hatte keinen Einfluss auf das Ergebnis. Die Anzahl der Geschwister, die ein Teenager hatte, spielte keine Rolle für die Menge der Freundschaften, und es war ebenfalls unwichtig, ob die Geschwister Brüder, Schwestern oder eine Kombination aus beidem waren.

Die Schule lehrt soziales Verhalten

Woran liegt es aber, dass diese Studie so andere Ergebnisse liefert als die früheren Studien mit Kindergartenkindern? Bobbitt-Zeher vermutet, dass die verschiedenen Methoden zur Beurteilung der sozialen Kompetenzen eine Rolle gespielt haben könnten. Die frühere Studie mit Kindergartenkindern basierte nämlich auf Bewertungen von LehrerInnen über die sozialen Kompetenzen der Kinder, während die Teenager-Studie die Jugendlichen selbst nach ihren Freundschaften gefragt hatte.

Noch wichtiger sei aber die Tatsache, dass die Kinder viel über das Auskommen mit anderen in der Zeit zwischen Kindergarten und Gymnasium gelernt hätten. "Wer zu Hause nichts über soziales Verhalten lernen kann, weil er oder sie keine Geschwister hat, erhält in der Schule jede Menge Gelegenheiten, um dies nachzuholen", schlussfolgert die Wissenschaftlerin. Na dann können Eltern und Einzelkinder doch endlich aufatmen ;-).

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 17. August 2010