Biosprit und Fleisch "essen" das Getreide auf

Weltweiter Hunger wächst trotz wachsender Produktion

Biosprit - das hört sich erstmal so toll an wie Biobananen oder Biobrot, doch ein wirklich gutes Gewissen kann man bei diesem Treibstoff genauso wenig haben wie beim täglichen Schnitzel auf dem Teller. Beides macht nämlich der weltweiten Versorgung mit Nahrungsmitteln zunehmend Konkurrenz: Agrokraftstoffe und Futter zur Fleischproduktion werden vor allem in ärmeren Ländern hauptsächlich für den Export angebaut. Dadurch werden Nahrungsmittel knapper und teurer. "Die Armen können sich bei steigenden Preisen nicht mehr genügend Getreide leisten, um satt zu werden. Dadurch steigt der weltweite Hunger trotz wachsender Produktion weiter", so Klemens van de Sand, Vorstandsmitglied der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch zu den Ergebnissen der ersten Trendanalyse zur globalen Ernährungssicherung, die Germanwatch am 8. November vorgelegt hat.

Ein kg Fleisch braucht bis zu 10 kg Getreide

Die Zahlen zeigen, dass die weltweite Anbaufläche für Getreide seit 1987 zwar leicht zurückgegangen ist, aber die Getreideproduktion - pro Kopf betrachtet - steigt. Dieser Zuwachs komme jedoch nicht den Armen in den Entwicklungsländern zugute, sondern den wohlhabenden Fleischkonsumenten, so Germanwatch. In der Fleischproduktion werden je nach Tierart und Fütterung für jedes Kilogramm Fleisch bis zu 10 kg Getreide verwendet. "Wir können feststellen, dass bereits ein Drittel der weltweiten Getreideproduktion von insgesamt 2,25 Milliarden Tonnen als Viehfutter dient. Dadurch steht es nicht mehr direkt für die menschliche Ernährung zur Verfügung", so van de Sand weiter. Allerdings wachse der Konsum von Schweine- und Rindfleisch global betrachtet - nicht zuletzt auch im Hauptverbraucherland China - derzeit nicht mehr so stark.

Ein anderer wichtiger Konkurrent der menschlichen Ernährung wachse dagegen rasant: Die Produktion von Agrartreibstoffen hat sich seit dem Jahr 2000 verdreifacht und beansprucht zurzeit etwa 11 Prozent der weltweiten Getreideproduktion. Weil die USA und die EU ihre Abhängigkeit von importierten fossilen Rohstoffen wie Öl oder Kohle reduzieren wollen, beeinflussten sie den Markt, indem sie sogenannten Agrosprit fördern und dadurch die  negativen Konsequenzen für die Ernährungssicherung ignorieren, kritisiert van de Sand. Die daraus resultierende Verknappung von Getreide führe dazu, dass an den Getreidebörsen der Welt kräftig spekuliert werde und der Getreidepreis so in die Höhe schnellt.

"Energie- und Finanzmärkte müssen daher reguliert werden, um der Ernährungssicherung Vorrang vor der Produktion von Ethanol und Biodiesel zu geben und der Preistreiberei an den Getreidemärkten Einhalt zu gebieten", fordert Germanwatch.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland kritisiert die EU-Ziele zum Ausbau des Biosprits: "Agrokraftstoffe sind keine klimafreundliche Lösung für unseren Energiebedarf, sondern sie verdrängen vor allem in tropischen Ländern die lokale Bevölkerung, den Lebensmittelanbau und natürliche Ökosysteme wie Regenwälder", so Reinhild Benning, Agrarexpertin des BUND. Solange die gesamten Konsequenzen der Agrokraftstoffe für Umwelt und Klima nicht berücksichtigt würden, müsse die Politik die Beimischungsziele grundsätzlich in Frage stellen.

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Autorin / Autor: Redaktion/Pressemitteilung - Stand: 10. November 2010