Von der Verantwortung

Einsendung von Felix Bäcker, 22 Jahre

Ich will mich zu Beginn dieses Textes nach ihrem Wohlbefinden erkunden. Eine Antwort werde ich wohl nicht erhalten. Sie jedoch schon. Nehmen Sie sich einen Augenblick und gehen Sie in sich. Mit Verlaub. Ich erlaube es mir, Ihnen die Antwort vorweg zu nehmen. Wahrscheinlich geht es Ihnen gut. Ich sage wahrscheinlich, um niemanden zu nahe zu treten. Denn natürlich gibt es auch hierzulande Menschen mit schwerwiegenden Problemen. Doch in Relation zum schier unermesslichen Leid vieler Bewohner dieser Erde durch Hunger, Kriege und Naturkatastrophen geht es uns in Deutschland verhältnismäßig doch ziemlich blendend.

Man könnte meinen, dass in den hiesigen Köpfen noch Platz wäre. Mentale Kapazität um einen Kampf gegen eine der bedeutendsten Krisen unserer Zeit entschieden und bedingungslos zu führen. Der Kampf gegen den Klimawandel und die damit einhergehenden gravierenden ökologischen und sozialen Folgen. Man sollte doch insbesondere von uns erwarten können, dabei etwas selbstloser zu agieren. Gerade vor dem Hintergrund des globalen als auch nationalen Zusammenrückens im Zuge der Covid-19 Pandemie.

Die Menschheit soll selbstloser geworden sein. Emphatischer. Unwahrscheinlich. Ist es nicht eher so, dass diese Krise jeden einzelnen von uns betrifft. Direkt und unmittelbar unsere Lebensqualität schmälert. Nicht so die Klimakrise. Deren Gefahren sind diffuser, oft weit weg und betreffen keinesfalls jeden von uns direkt. So viel zu diesem folgenschweren Unterschied.

Ein kollektives Bewusstsein und Sensibilität fehlen und wären doch so dringend nötig. Vor allem in Anbetracht der hinkenden und unzureichenden politisches Wege und Lösungen. Denn auch wenn bei einigen der Eindruck entstanden sein mag, dass auf nationaler und internationaler Ebene im Bereich Klimaschutz große Erfolge verbucht werden konnten. So muss ich Sie leider enttäuschen. Denn dem ist nicht so. Und möglicherweise ist dies auch nicht so schlimm.

Nicht so schlimm allerdings nur, wenn wir endlich wegkommen vom fein Rausreden, vom Beiseiteschieben, vom Verantwortung abgeben. Abgeben an die politischen Eliten, Unternehmen und Industrieverbände. Auf Demos schreien, kritisieren und verantwortlich machen. Doch niemals den Spieß umdrehen und sich umsehen. Was mache ich? Was konsumiere ich? Was meine Freunde? Aber nein, lieber nicht. Kritisieren ist so schön leicht. Solange andere für die Gletscherschmelze und das Artensterben verantwortlich sind, kann ich mich gut fühlen. Es ist nicht die fünfte H&M Hose, die ich dieses Jahr kaufe. Es sind die Textilunternehmen, die für Emissionen, schlechte Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzung verantwortlich sind. Was? Der Regenwald wird im Rekordtempo abgeholzt? Mein Schnitzel weglassen und womöglich dafür pflanzliche Alternativen essen müssen? Ach nein, lieber nicht. Die Politik wird das schon regeln. Die immer Schuldigen und die immer Unschuldigen. Das ist das Spiel der letzten Jahre. Und es ist auch das Spiel von Fridays for Future. Zumindest von Teilen der Bewegung.

Wie auch immer. Niemand will mit Beispielen bombardiert werden. Die Pointe ist klar und simpel. Wir. Wir alle. Die Konsumenten. Wir entscheiden was produziert wird, wo es produziert wird, wie viel produziert wird und unter welchen Umständen. Das ist Macht. Macht, aber auch Verantwortung.

Eine Macht, die wir verantwortungsbewusst nutzen müssen. Jetzt sofort. Ohne ein allgemeines Umdenken aller Menschen in Richtung Nachhaltigkeit wird diese Krise nicht zu meistern sein. Ich habe es in der Hand. Du hast es in der Hand. Alle zusammen können wir es schaffen. Alleine sind wir klein. Aber alle zusammen sind wir groß. So groß, dass wir diese Erde retten können. Mit allem wunderschönen, wundersamen und kuriosem was dazugehört. Wir müssten dafür verzichten. Aber das sollte es uns und das muss es uns wert sein.




Autorin / Autor: Felix Bäcker