SAVE THE TURTLES

Einsendung von Jasmin Kotb, 14 Jahre

Sie ging surfen. Es war kühl, aber sie liebte das Meer, sie konnte nicht anders. Sofort hatte sie ihren Surfanzug an. Mit entspannten Schritten ging sie aus der Terrasse zum nicht weitgelegenen Gewässer. Sie war allein. Allein, bis auf eine Schildkröte. „Was macht die jetzt hier, sollte sie nicht im Wasser sein?“, fragte sie sich in Gedanken, legte jedoch keinen weiteren Wert auf das Tier und ging zur kleinen Bambusscheune, in der sie ihr Surfbrett lagerte.
Sie nahm es, ging zurück zum Meer, hockte sich hin und nässte es ein bisschen. Die Schildkröte hat sich bisher nicht bewegt. „Die sind ja noch langsamer als in den Dokumentarfilmen, die wir uns im Biologieunterricht ansehen mussten“, flüsterte sie zu sich selbst. Die Wellen waren hoch, das war gut. Was wäre sie bloß ohne dieses herrliche, saubere Salzwasser? Sie rannte ins Wasser, warf ihr Surfboard rein und paddelte sich auf dem Bauch voran. An der richtigen Stelle stand sie auf und glitt auf den saphirblauen Wellen.
In solchen Momenten wünschte sie sich ein Meereslebewesen zu sein, vielleicht ein Delphin oder ein Seepferdchen, die wären hübsch. Sie schloss die Augen und grinste ins nirgendwo, bis plötzlich eine größere Welle von hinten kam und sie ins Wasser schubste und ans Ufer strömte.
Ihre Haare klebten im Gesicht und ihre Luftröhre brannte, weil sie ein bisschen Salzwasser durch die Nase eingenommen hatte. Sie sollte mehr aufpassen, weniger in Gedanken versinken, sie will immerhin den Surfwettbewerb in zwei Wochen gewinnen. Sie richtete sich die Haare zurecht und wollte aufstehen, doch als sie sich am feuchten Sand stützte, merkte sie, dass ihre Hand auf dem Panzer der Schildkröte lag. Jetzt erst erinnerte sie sich daran, dass sich tatsächlich vorhin ein steinähnlicher Gegenstand in den Wellen vor und zurück bewegt hat. Als sich ihre Augen vom salzigen Wasser wieder eingekriegt haben, beäugte das Tier nun genauer und machte die Bemerkung, dass die Schildkröte in einer Plastikverpackung verfangen war und ihre Vorderflossen nicht bewegen konnte. Die Stelle um ihren Oberkörper war wund und das Plastik war förmlich in das Tier eingewachsen.
Schnell rannte sie vom Sand, über den sandigen Weg zu ihrem Haus und holte einen Wäschekorb, Latexhandschuhe und einen Cutter aus der Waschküche und raste wieder zurück zum gepanzerten Tier.
Sie hob die Schildkröte vorsichtig hoch, legte es in den Kunststoffkorb und trug es ins Meer. Durch die Löcher im Korb kam Wasser rein, sodass die Schildkröte genässt wurde, aber nicht von den Wellen weggeschwemmt werden könnte. Sie zog sich die blauen Handschuhe an und nahm den Cutter zur Hand. Vorsichtig musste sie sein, sie durfte das arme Tier nicht verletzen. Sie beugte sich über den Wäschekorb und griff zur Plastikverpackung. Nach dem Anschauen des Panzers fand sie eine Stelle, wo das Plastik nicht direkt am Körper der Schildkröte war und fing an es dort anzuschneiden. Zum Glück war das keine hartnäckige Verpackung und sie schaffte es sie mit wenigen Schnitten runterzureißen. „Hoffentlich brennt das Salzwasser in ihren Wunden“, hoffte sie und ließ die Schildkröte frei. Sie holte ihre wasserfeste Kamera raus und folgte dem Tier noch kurz, um es zu fotografieren, bevor es weit hinaus ins blaugrüne Meer schwamm.
Mit stolzem Lächeln ging sie aus dem Wasser heraus, blieb dann stehen und sah sich um. Erst jetzt bemerkte sie den Müll von den Beach-Partys auf dem Sand, die ganzen Plastikbecher, Pappteller und Bierflaschen. Sie selbst hatte sich sehr auf ihnen amüsiert, jedoch gefiel es ihr gar nicht, wie die anderen den Strand einfach so verschmutzten, sie zerstörten nicht nur ihr zweites Zuhause, sondern auch das Heim der ganzen Meereslebewesen.
Kurz drehte sie sich noch einmal um, um nach der Schildkröte zu sehen, die inzwischen weggeschwommen war, danach packte sie den Cutter, die gebrauchten Handschuhe und ein wenig Müll, den sie auf dem Weg nach Hause fand, in den Wäschekorb und machte sich auf den Heimweg. Als sie ankam, nahm sie eine schnelle Dusche und setzte sich danach sofort an den Computer. Sie schloss ihre Kamera an den PC an und lud die Fotos der verletzten Schildkröte und des verschmutzten Strandes auf ihrem Facebook-Profil mit dem Hashtag #SAVETHETURTLES hoch.
Am nächsten Tag sah sie auf ihr Handy und merkte, dass ihr Beitrag über die Nacht mehr als 10.000 Likes und viele nette und hilfsbereite Kommentare bekommen hatte. Einer fiel ihr besonders auf, jemand hat nämlich angekündigt heute mit ein paar Freunden den Strand aufzuräumen, er würde Müllsäcke und Gummihandschuhe mitnehmen und im Anschluss würden wir den Müll trennen und entsprechend entsorgen. Diese Idee war hervorragend!
Sie zog sich ihre türkisenen Shorts und ihr glitzernd rotes Tanktop an und rannte mit aufgeregtem Lächeln, in ihren orangenen Flip-Flops Richtung Meer, dort entdeckte sie eine Gruppe Jugendlicher, die schon auf sie wartete. Ihr wurden Handschuhe und Müllsack in die Hand gedrückt und das Müllsammeln begann. Einige ihrer Verbündeten und sie gingen ins Wasser und fischten dort den Mist, der Rest blieb im Trockenen und suchten auf und unter dem Sand nach Abfall.
Nach dreieinhalb Stunden harter Arbeit hatten sie zwölf vollgefüllte Säcke mit Müll. Zusammen ging die Jugendgruppe zu ihr nachhause, um eine kurze Pause einzulegen und sich die Hände zu waschen. Sie holte kleine Brötchen aus dem Kühlschrank, die vom gestrigen Seminar ihrer Mutter übriggeblieben sind, Lebensmittel sind nämlich ebenfalls wertvoll. Als sie wieder bereit waren, gingen sie zum Mistplatz und sortierten den Müll in die Container.
Anschließend tauschten die Jugendlichen ihre Telefonnummern aus, verabredeten sich für ein nächstes Treffen in zwei Tagen und verabschiedeten sich anschließend. Sie hat während ihres heutigen Abenteuers viele Fotos gemacht und diese ebenfalls unter dem Hashtag #SAVETHEWORLD auf ihrem Facebook-Profil gepostet und wurde durch diese und viele weitere Beiträge zu einer sehr bekannten Umweltschützerin.

Autorin / Autor: Jasmin Kotb