Arterhalt

Einsendung von Frederike Schrewe, 24 Jahre

Der Mensch scheint das einzige Lebewesen, das seinen Arterhalt nicht als übermäßig wichtig einstuft.  Warum? Er denkt kurzfristig. Denn langfristig gesehen, werden wir alle sterben.
Ein wenig polemisch? Sicher, aber seien wir mal ehrlich: Der Mensch zerstört den Planeten und vergisst, dass er sich damit gleich mit aus dem Universum löscht. Wir kriegen Kinder, weil wir sie lieben. Sie sind niedlich und amüsant, manchmal anstrengend, doch die meiste Zeit ist es schön, ihnen dabei zuzusehen, wie sie wachsen. Und doch nehmen wir den nachfolgenden Generationen jegliche Chance auf eine Welt, wie wir sie kennen.
Unsere Welt ist hübsch, voller Blumen, Wälder, Tiere, Menschen, Möglichkeiten. Und was hinterlassen wir? Chaos. Leere. Zerstörung. Naturkatastrophen. Ich sollte hier ein wenig mehr ins Detail gehen. Derzeit leben wir nicht nur in Zeiten der Veränderungen, die digital bedingt oder industriell sind, nein, wir leben in der Zeit des Klimawandels. Einer Zeit, die geprägt ist von ansteigenden Temperaturen, die nicht selten Naturgewalten losbrechen, die vielen Weltbewohnern schaden – auch Menschen. Vier von fünf Naturkatastrophen sind auf die Erderwärmung zurückzuführen und doch machen wir weiter. Aber womit denn eigentlich, mag sich manch einer nun fragen. Ich möchte antworten: Wir pumpen immer mehr CO² in die Luft, rauben dem Planeten immer mehr Ressourcen, wenn wir beispielsweise Braunkohle abbauen, brennen immer mehr Wälder ab, weil wir Weidefläche für furzenden Kühe schaffen wollen. Was haben die Blähungen von Kühen damit zu tun? Naja, CO². Die Fleischindustrie, Schifffahrt, Flugverkehr und Automobile, die jeden Tag von A nach B durch die Stadt jagen, sind nur ein paar große Emissions-Produzenten. Es gibt etliche, die an dieser Stelle aufzuzählen wären, doch verschärft das weder den bereits gegebenen Eindruck dieser Welt, noch ist es besonders wichtig für meine Ausführung. Denn was ich zu sagen versuche, ist dass wir uns bewusst machen müssen, was wir eigentlich jeden Tag tun. Wir sind nicht böse, keine Straftäter oder gar Hochkriminelle. Wir sind normale Menschen. Und zerstören jeden Tag, was von dieser Welt übrig ist.
Ich möchte nicht mit dem Finger auf andere zeigen, ich bin in vielen Punkten sicher selbst nicht besser. Es geht auch nicht darum, sich über andere zu stellen und Hierarchien der Klima-Polizei zu bilden. Es geht darum zu überlegen, was man selbst jeden Tag leisten kann. Und das ist mehr als wir denken. Wir können im Supermarkt versuchen beim Gemüseeinkauf auf extra Plastik zu verzichten, wir können unseren Fleischkonsum reduzieren oder gar einstellen, wir können im Sommer zum Fahrrad greifen, statt zum Auto. Das sind alles keine neuen Ansätze. Doch möchte ich auf folgende Überlegung hinweisen: Jeder kann und muss etwas tun, wenn unsere Kinder und Enkelkinder diese Welt ohne sich häufende Katastrophen erleben sollen. Wir können das verhindern. Und wir können weiter denken als nur bis zur eigenen Nasenspitze.
Große Konzerne, wie eben beschrieben beispielsweise aus der Automobilbranche, haben auch große Emissionen. Wie können wir eine Lösung finden, dass unsere Wirtschaft und unser tägliches Leben nicht zusammenbrechen und die Emissionen trotzdem sinken? Wir müssen Forschungsgelder zu Verfügung stellen, Ansätze testen, Gesetze einführen, die tatsächlich etwas bringen. Lobbyismus braucht eine neue Idee, die Politik sollte nicht von Wirtschaftskonzernen, sondern von Wissenschaftlern beraten werden. Denn nur so schaffen wir überhaupt die Möglichkeit, die Gewinnmaximierung der Konzerne zumindest für einen Moment außen vor zu stellen und ehrlichen Ansätzen, die wissenschaftlich fundiert und getestet sind, eine Chance zu geben. Außerdem müssen wir die klügsten Köpfe der Welt endlich an einen Tisch bringen. Der Mensch ist doch kreativ, innovativ und effizient. Warum soll er das nicht auch sein können, wenn es um den Erhalt der Umwelt geht? Wir waren auf dem Mond, wie kann es sein, dass wir dann die Erde nicht erhalten können?
Ich möchte hierzu ein Szenario skizzieren, dass eine mögliche Zukunft zeigt. Die Kindeskinder meiner Kinder sitzen, bereits erwachsen, auf ihrer Veranda. Vor ihnen erstreckt sich ein türkisblauer See, dahinter Berge mit Schnee auf den Spitzen und ringsherum saftig grüne Wälder. Ein Fisch schwimmt an die Oberfläche, um einen Krümel zu essen, der einem der Beiden beim Muffins mampfen ins Wasser gefallen ist. Die Sonne scheint, es ist angenehm warm, sie brauchen keine Angst zu haben, sie könnten sich nach nur zehn Minuten die Haut verbrannt haben. Es geht ihnen gut. Vögel singen ihnen Beifall, wenn sie ihre Sommerkleider ausziehen und in das erfrischend kühle Wasser springen.
Warum geht es ihnen so gut? Ihre Stromversorgung basiert auf erneuerbaren Energien. Sie gewinnen diese aus Wasser, Wind und Sonne. Die Generationen vor ihnen haben einen Weg gefunden, sogar die Herstellungsprozesse der dafür benötigten Geräte nachhaltig zu gestalten und auch die Entsorgung von kaputten Geräten basiert auf Recycling-Projekten. Sie fahren viel Fahrrad, manchmal Elektro-Auto, wenn sie einen weiteren Weg haben. Sie ernähren sich gesund und nah an ihrem Ursprung. Es gibt nicht jeden Tag Fleisch oder Milchprodukte, sie sind, wie vor einigen Jahrhunderten, eine Seltenheit, dafür aber ein ungemeiner Genuss. Sie tragen nachhaltig und fair produzierte Klamotten, die etwas mehr kosten, dafür aber auch länger halten. Die Industrie hat einen langsamen Slow-Down erfahren, der ihnen finanziell aber gar nicht schaden muss. Wenn man weniger produziert, die Dinge aber etwas mehr kosten, kommt man auf denselben Gewinn. Die beiden Personen in meiner Visualisierung dürfen die Natur in ihrer geballten Schönheit genießen. Sie dürfen leben.
Am Ende bleibt bloß eine Frage offen: Findet der Mensch seinen Arterhaltungstrieb unter der alltäglichen Reizüberflutung, die ihn von seiner Natur ablenkt, wieder?

Autorin / Autor: Frederike Schrewe, 24 Jahre