Mathematisch vorhersehbare Überraschung

Datenwissenschaft und Netzwerktheorie enthüllen Geheimnisse hinter "Game of Thrones"

Das soziale Netzwerk am Ende des ersten Buches  "Game of Thrones" (Copyright: University of Cambridge)

Was sind die Geheimnisse hinter einer der erfolgreichsten Fantasy-Serien aller Zeiten? Wie konnte eine so komplexe Geschichte wie "Game of Thrones" die Welt in ihren Bann ziehen und wie steht sie im Vergleich zu anderen Erzählungen da?
Physiker_innen, Mathematiker_innen und Psycholog_innen von fünf Universitäten aus dem Vereinigten Königreich und Irland kamen zusammen, um die Bücher "A Song of Ice and Fire", auf denen die Fernsehserie basiert, mit Hilfe von Datenwissenschaft und Netzwerktheorie zu analysieren.

Was sie herausfanden ist, dass die Art und Weise, wie die Interaktionen zwischen den Charakteren angeordnet sind, dem ähneln, wie wir in der realen Welt Beziehungen pflegen und interagieren. Außerdem ist die zugrundeliegende Chronologie gar nicht so unvorhersehbar, wie es aussieht, obwohl wichtige Charaktere im Verlauf der Geschichte zufällig getötet werden.

Das Team fand heraus, dass - obwohl es über 2.000 namentlich genannte Charaktere in "A Song of Ice and Fire" gibt mit über 41.000 Interaktionen zwischen ihnen - diese Zahlen auf der Ebene der einzelnen Kapitel im Durchschnitt dem entsprechen, was wir auch im wirklichen Leben beziehungsmäßig bewältigen können. Selbst die vorherrschendsten Charaktere - diejenigen, die die Geschichte erzählen - haben im Durchschnitt nur mit 150 anderen zu tun. Das ist die gleiche Zahl, mit dem das durchschnittliche menschliche Gehirn gelernt hat umzugehen.

Trotz dieses mathematischen Modells wirkt das Drehbuch aber nicht vorhersehbar, denn der Autor, George R. R. Martin, hält die Geschichte spannend, indem er die Todesfälle im Verlauf der Geschichte als zufällig erscheinen lässt. Allerdings sind sie, wie das Team in einer chronologischen Abfolge rekonstruiert hat, keineswegs willkürlich.

"Game of Thrones" hat bereits viele Vergleiche mit Geschichte und Mythologie hinter sich. Die Verknüpfung von Wissenschaft und Geisteswissenschaften erschließt laut den Forscher_innen aber neue Wege der vergleichenden Literaturwissenschaft. Es zeige zum Beispiel, dass die Geschichte eher den isländischen Sagen als mythologischen Geschichten wie dem englischen Beowulf oder dem irischen Táin Bó Cúailnge ähnelt. Der Trick bei "Game of Thrones" sei es, Realität und Unvorhersehbarkeit auf kognitiv ansprechende Weise zu vermischen.

Thomas Gessey-Jones von der Universität Cambridge dazu: "Die entwickelten Methoden erlauben es uns, viele der Beobachtungen, die von den Lesern der Serie gemacht wurden, quantitativ zu testen, wie zum Beispiel die berühmte Masche des Buches, Charaktere scheinbar zufällig zu töten.

Professor Colm Connaughton von der Universität Warwick beobachtete: "Die Menschen begreifen die Welt weitgehend durch Erzählungen, aber wir haben kein wissenschaftliches Verständnis davon, was komplexe Erzählungen relativierbar und verständlich macht."

Diese Art von Studie eröffne aufregende neue Möglichkeiten, wie man Struktur und Gestaltung von Epen in allen möglichen Kontexten untersuchen kann und biete überzeugende Beweise dafür, dass gute Schriftsteller_innen innerhalb der psychologischen Grenzen des Lesers sehr sorgfältig arbeiten, so die Forscher_innen.

Diese Bücher seien bekannt dafür, mit unerwarteten Wendungen zu überraschen, oft im Hinblick auf den Tod einer Hauptfigur. Es sei interessant zu sehen, wie der Autor die Kapitel in einer Reihenfolge anordnet, die dies noch zufälliger erscheinen lässt, als es bei einer chronologischen Erzählung der Fall wäre.

Dr. Joseph Yose von der Universität Coventry ist gespannt, "wie sich die Netzwerkanalyse in Zukunft immer mehr durchsetzen wird, und hoffentlich können wir in Kombination mit maschinellem Lernen vorhersagen, wie eine kommende Serie aussehen könnte."

Der Beitrag wurde in den Proceedings of the National Academy of Sciences der USA veröffentlicht.

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