Findet Nemo! Oder besser doch nicht?

Forschende untersuchten das Verhalten von Clownfischen gegenüber Menschen

Bild: nile auf Pixabay

Im berühmten und allseits beliebten Kinderfilm "Findet Nemo" reagieren die Fische mit einer Mischung aus Neugier und Angst auf die Sichtung eines Tauchboots vor ihrem Riff. Es entbrennt ein kleiner Wettkampf darum, wer sich traut, das Boot "anzufassen" - aber so richtig in dessen Nähe kommen möchte eigentlich doch keiner. Außer Nemo, der sich tollkühn aus dem Riff ins offene Meer wagt.
Als schließlich auch noch Taucher das Riff erkunden und einer den kleinen Clownfisch mit der kaputten Flosse einfängt, ist vor allen Nemos Vater Marlin vollkommen außer sich.
Menschen sind dort also überhaupt nicht gern gesehen und werden als Bedrohung dargestellt.
Doch wie sieht es im echten Leben aus? Haben Clownfische da auch so eine Heidenangst vor uns wie der gestresste Fisch-Papa Marlin? Oder sind sie eher der mutige Typ Fisch, der wie Nemo das "Bo" anfassen würde?
Dieser Frage haben sich Forschende des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) Bremen und der Auckland University of Technology (AUT) in Neuseeland angenommen: Dr. Julian Lilkendey vom ZMT, sowie Dr. Armagan Sabetian und Masterstudentin Lena Trnski von der AUT.

*Symbiose mit Anemonen*
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass Clownfische (oder auch Anemonenfische) in Symbiose mit Anemonen leben - oder auch der "Anemomenene", wie Nemo sie nennt.
Die Anemone schützt den Fisch vor Angreifern, während der Fisch sie durch Ausscheidungen und Nahrungsreste mit Futter versorgt.
Da sie ihre sesshafte Anemone dadurch jedoch kaum verlassen können, sind Clownfische besonders anfällig für menschliche Präsenz und können nicht einfach davon schwimmen.

*Betrachtung verschiedener Clownfischarten*
Vor der Küste des Inselstaates Vanuatu im Südpazifik wurden zwei Arten von Clownfischen auf ihr Verhalten gegenüber Menschen hin näher untersucht - der Clarks Anemonenfisch und der Schwarzflossen-Anemonenfisch.
Masterstudentin Lena Trnski schnorchelte dazu in Riffen vor der Insel Efate. Dabei hielt sie das Verhalten der Fische während ihrer Anwesenheit und auch in ihrer Abwesenheit mit einer Kamera fest.
Bei der Auswertung stellte sich heraus, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Arten gibt. Während der Clarks-Anemomenfisch sich tatsächlich erschreckte und in der Anemone verschwand, schien sich der Schwarzflossen-Anemonenfisch kaum gestört zu fühlen und schwamm sogar bis zu einem Meter außerhalb seiner Anemone.

*Drohender Artenverlust*
Lena Trnski erklärt dieses Phänomen damit, dass Schwarzflossen-Anemonenfische eine spezialisierte Art sind, die nur wenige Anemonenarten bewohnen kann. Daher ist es nötig, dass sie sich freier und mutiger durch das Riff bewegen, um eine solche Anemone zu finden.
Obwohl sie das anfälliger für Fressfeinde macht, haben sie den ängstlicheren Arten gegenüber doch einen Vorteil. Denn wenn diese sich aus Angst nicht aus der Anemone trauen, verwenden sie viel Energie auf das Fluchtverhalten und beschäftigen sich nicht mit der Nahrungssuche oder Fortpflanzung. Ebenso wie Marlin, der lieber noch einmal mehr in die Anemone zurückschwimmt, bevor er soweit ist, sie zu verlassen. Ein Problem, das unerschrockene Arten nicht haben.
Die Forscher gehen davon aus, dass in stark touristischen Gebieten die Schwarzflossen-Clownfische ängstlichere verdrängen könnten.
Dieser Verdrängungsprozess hätte laut Trnski einen Verlust der Artenvielfalt zur Folge.

*Mehr Achtsamkeit von uns Menschen*
Es gibt also durchaus mutige "Nemos", doch ebenso auch ängstliche "Marlins".
Allerdings müssten letztere vielleicht nicht so ängstlich sein, wenn wir Menschen ihnen etwas weniger auf die Pelle rücken würden.
Also, beim nächsten Schnorchelurlaub ruhig darauf achten, den kleinen Tierchen etwas mehr Raum zu geben - sonst suchen wir Nemo vielleicht bald, ohne ihn je zu finden.

Autorin / Autor: Sarah H.