Eine einfache Rechnung

Einsendung von Sven Meyer, 22 Jahre

Dieser gesamte Text ist nur eine Meinung und soll zum Denken anregen. Jeder kann und sollte zu seiner eigenen Entscheidung finden. Besonders Stellen im Text, die über eine mögliche Zukunft sprechen, sind reine Vermutungen.

Der Mensch sei ein vernunftbasiertes Wesen, das immer die Entscheidungen trifft, die den größten Gewinn für den Entscheider zur Folge haben. Bevor es zur Auswahl einer Option kommt, gibt es immer ein kühles Kosten-Nutzen-Kalkül, um die bestmögliche Option zu finden. Das ist zumindest die Denkweise von Rational-Choice-Theorien. Dass der Mensch noch von vielen weiteren Aspekten beeinflusst wird, steht außer Frage. Schließlich hat jeder schon einmal eine Entscheidung getroffen, die im Nachhinein bedauert wurde. Sei es im Großen oder im Kleinen. Doch darum soll es hier nicht gehen. Stattdessen möchte ich fragen, warum der Mensch, wenn er immer seinen eigenen Vorteil im Blick hat, nicht in der Lage ist, eine einfache Rechnung zu tätigen.

Seit Jahrzehnten weisen Wissenschaftler darauf hin, dass die Umweltverschmutzung gravierende Folgen auch für den Menschen hat. Millionen Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen von Luftverschmutzung allein und diese Zahlen werden vermutlich auch weiter zunehmen, wie das Max-Planck-Institut für Chemie in einer Studie herausgefunden hat. Nach den Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO starben bereits 2012 über 12 Millionen Menschen an einer ungesunden Umwelt. Prozentual gesehen sind das über 20% aller Tode. Sterben ein paar Tausend Menschen an anderer Stelle, ist der Aufschrei groß und es wird nach Gegenmaßnahmen verlangt. Doch bei der Umwelt kommt es zu einer Weigerung zu handeln. Und das nicht nur von den Verantwortlichen, sondern von fast jedem Einzelnen. Jeder, der nicht sein Bestes gibt, um eigene Emissionen und anderweitige Umweltverschmutzung auf ein Minimum zu halten, trägt zur globalen Verschmutzung bei. So gesehen trägt ein jeder von uns eine Teilschuld an all diesen Toden. Keiner ist unschuldig. Wir können gar nicht anders als schuldig sein durch die Gesellschaft, in der wir leben. Umweltverschmutzung garantiert unser Überleben in einer Konsumgesellschaft. Doch nie hat jemand gesagt, dass diese Verschmutzung solche Ausmaße annehmen oder gar unser Überleben bedrohen soll.

Die Zahlen, die ich erwähnt habe, sind inzwischen schon ein paar Jahre alt und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie nur gewachsen sind. Hinzu kommen weitere Umweltprobleme. Das prominente Beispiel der Klimaerwärmung zeigt wie gravierend Nichtstun sein kann und auch sein wird. Kommt es zu einem starken Anstieg des Meeresspiegels als Folge der Erwärmung, werden weltweit Küsten überflutet werden und unzählige Menschen ihre Heimat verlieren. Vielleicht trifft das uns, die in geborgener Umgebung leben, nicht direkt, da Gegenmaßnahmen besser getroffen werden können. Aber die Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, werden zu Flüchtlingen und es könnte sich eine weitere Flüchtlingskrise ereignen, die die vergangene um ein Vielfaches übertreffen könnte. Außerdem könnten auch bei uns in Deutschland Orte, sogar Großstädte, von den Gewässern verschlungen werden, wenn nichts dagegen unternommen wird. Hinzu kommen enorme wirtschaftliche Schäden durch Hitzeperioden in der Landwirtschaft, unsere Wälder trocknen aus und wer weiß, vielleicht wird es eines Tages fast unmöglich sein, im Sommer außerhalb der Nachtzeiten Sport im Freien zu treiben.

Vielleicht wird schon der Weg zur Arbeit oder zur Schule oder zum Einkaufen eine unglaubliche Belastung für unseren Körper sein. Und all dies ist nur ein Bruchteil der Folgen, die wir alle erleiden werden. 2015 haben die Staaten das Klimaschutzabkommen von Paris getroffen. Das Resultat war, dass die Staaten freiwillige Emissionsreduktionen angeben. Doch selbst wenn alle Nationen ihre Emissionen so weit reduzieren würden, wie sie angegeben haben, kann es auch sein, dass das Klimaziel von maximal 2 oder gar die 1,5 Grad Celsius nicht erreicht werden könnten. Ganz abgesehen davon, dass es keine Sanktionen für Staaten gibt, die sich nicht an ihre Selbstverpflichtungen halten. Doch auch wenn das Ziel erreicht werden sollte, wird die Welt nicht mehr so sein, wie wir sie kannten.

Also: Warum wird das Kosten-Nutzen-Kalkül für Entscheidungen, die die Umwelt belasten nur auf einen kleinen Zeitraum begrenzt? Ja, es lassen sich Gewinne erzeugen, die nur durch eine exzessive Umweltverschmutzung erreicht werden können. Gewinne, die jemanden mit Leichtigkeit zum Millionär machen könnten. Aber wie lange halten diese Gewinne? 5 Jahre? 10 Jahre? Irgendwann werden die Nachteile um ein Vielfaches überwiegen und Verluste sind vorprogrammiert. Also warum nicht das Handeln nach Effizienz und Langfristigkeit ausrichten? Warum sich nicht für die Option entscheiden, die wirklich rational wäre? Es ist eine einfache Rechnung. Was bringt einem ein Vermögen, wenn man viele Jahre früher an den Folgen der eigenen Verschmutzung stirbt? Vor allem ist diese Rechnung nur auf das Individuum bezogen. Wenn man auch nur einen Gedanken für andere übrig hat, sieht es nochmal ganz anders aus. Es müssen nicht mal Fremde sein. Was ist mit denen, die uns nahestehen? Wollen wir zulassen, dass ihre Welt zu einer Hölle verkommt? Wollen wir möglicherweise eine kleine Mitschuld an einem vorzeitigen Tod unserer Liebsten haben? Wollen wir die Tode und das Leid weltweit ignorieren, die wir mitverursachen? Wollen wir schon in wenigen Jahren selbst die gravierenden Umweltfolgen zu spüren bekommen? Oder wollen wir eine Zukunft für alle Fremden, all unsere Liebsten und für uns schaffen? Diese Entscheidung kann nur jeder für sich treffen.