Europarat rügt Rassismus in Deutschland

EU mahnt zu mehr Entschlossenheit bei der Bekämpfung von Hasskriminalität

Angesichts von Corona drohen viele andere Themen nicht mehr wahrgenommen zu werden. Dazu gehören zum Beispiel die Internationalen Wochen gegen Rassismus, bei denen eigentlich vom 16. - 29. März viele öffentliche Veranstaltungen - von Demonstrationen, Schweigeminuten für die Opfer von Hanau bis hin zu Diskussionsveranstaltungen und Lesungen hätten stattfinden sollen. Mit dem Wegfall dieser Veranstaltungen sollten wir uns als Gesellschaft aber nicht begnügen, denn die Beschäftigung mit Rassismus, Antisemitismus und Rechtsradikalität ist weiterhin mindestens genauso wichtig wie Corona, der Klimawandel und viele andere Themen.

Auch der Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarates fordert Deutschland auf, sich viel mehr als bisher darum zu kümmern, dass Extremismus und Neonazismus eingedämmt werden und sicherzustellen, dass Beweise für Hassreden im Internet an die Polizei übermittelt werden.

*Lob für 2015, Kritik an steigender Zahl von Rechtsextremisten*
ECRI begrüßt zwar, dass „Deutschland 2015 eine außergewöhnlich große Zahl von Asylsuchenden herzlich aufgenommen hat" und lobt die Tatsache, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel öffentlich Hassrede verurteilt und die sozialen Netzwerke aufgefordert werden, mehr gegen Hassrede zu tun.
Gleichzeitig stellt ECRI jedoch fest, dass der öffentliche Diskurs zunehmend fremdenfeindlich geworden ist und weist auf „einen hohen Grad von Islamophobie” hin. Rassismus sei bei zwei Unterorganisationen einer neuen politischen Partei (gemeint ist die AfD) „besonders gravierend" und der konstante rassistische und fremdenfeindliche Diskurs der extremen Rechten habe sich auf den allgemeinen politischen Diskurs niedergeschlagen. Die Berichtverfasser_innen sind auch besorgt darüber, dass die Zahl von Rechtsextremisten steigt, die „gewaltbereit" sind; sowohl rechte als auch islamistische Terroristen verübten rassistische Angriffe. Viele Hassdelikte würden nach wie vor nicht angezeigt, und Beweise für Hassreden im Internet, die zu Gewalt führen können, würden „nicht systematisch an die Polizei" weitergeleitet. Auch deutsche Sinti und Roma benötigten Hilfe, und eingewanderte Roma würden häufig Opfer von Ausgrenzung und Ausbeutung.

*Racial Profiling*
Besonders kritisiert wird auch ein "ausgeprägtes Racial Profiling seitens der Polizei", bei dem Menschen anhand von Kriterien wie „Rasse“, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft als verdächtig eingeschätzt werden. Zwar gebe es eine Antidiskriminierungsstelle des Bundes, aber ihr fehlten grundlegende Kompetenzen für die Unterstützung von Opfern und die Durchsetzung von Rechten, so der Bericht. Die ECRI fordert Deutschland nun auf, ein System von Organisationen aufzubauen, das Opfern von Diskriminierung effektive Unterstützung einschließlich rechtlichen Beistand gewährt. Die Polizei sollte eine Studie über Racial Profiling in Auftrag geben, um diese Praxis in Zukunft zu verhindern. Um zu kontrollieren, ob diese Maßnahmen umgesetzt wurden, wird ECRI nach Ablauf von zwei Jahren eine Nachprüfung anstellen.

*Amnesty International zum Tag gegen Rassismus am 21. März*
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erinnert anlässlich des Tags gegen Rassismus am 21. März daran, dass der Schutz vor Diskriminierung, Hassrede und rassistischer Gewalt eine drängende gesamtgesellschaftliche Aufgabe bleibt. „Mit der Corona-Krise drohen wir zu vergessen: Der rassistische Anschlag von Hanau ist erst knapp einen Monat her. Rassismus und Menschenfeindlichkeit bedrohen, verletzen und töten Kinder, Frauen und Männer in Deutschland. Die Angriffe von Hanau oder auch Halle sind schreckliche Gewaltexzesse und gleichzeitig nur die Spitze eines Eisbergs täglicher Diskriminierung und rassistischer Angriffe auf unsere Nachbarn, unsere Kolleg_innen oder uns und unsere Kinder“, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

Rassistisch motivierte Straftaten haben laut Zahlen des Bundeskriminalamts 2018 (7701 Fälle) im Vergleich zu 2017 (6434) um etwa 19 Prozent zugenommen. Ähnlich sieht es im Bereich antisemitischer Strafteten aus mit 1799 Fällen im Jahr 2018 und 1504 im Jahr 2017 (plus etwa 16 Prozent), knapp 90 Prozent ordnen die Behörden dem rechten Spektrum zu.

„Der Schutz vor Rassismus und Diskriminierung ist ein Menschenrecht und eine Frage der inneren Sicherheit“, so Beeko. „Es war überfällig, dass die Sicherheitsbehörden und der Generalbundesanwalt ihre Bemühungen verstärkt haben. Wie wir diese Woche im Vorgehen gegen sogenannte 'Reichsbürger' gesehen haben, ist es weiterhin dringend notwendig, dass der Rechtsstaat angemessen und konsequent organisierte rassistische Strukturen bekämpft.“

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung