Die Grenzen der Menschlichkeit

Kommentar: Warum wir bei Corona nicht nur an uns selbst denken sollten

Während sich das Corona-Virus Covid-19 weltweit immer weiter ausbreitet und offiziell zur Pandemie erklärt wurde, ergreift auch Deutschland nun mehr oder weniger rigorose Maßnahmen, die die gleichzeitige Infizierung vieler Menschen verhindern sollen. Messen werden abgesagt, Fußballspiele ohne Zuschauer_innen ausgetragen, erste Schulen geschlossen. Das Robert Koch-Institut empfiehlt, Veranstaltungen mit mehr als 1.000 erwarteten Teilnehmer_innen abzusagen.

*Händewaschen unmöglich*
Das Virus verbreitet sich schnell und es gibt kein Gegenmittel außer Prävention. Doch während die Menschen sich in halbwegs funktionierenden Zivilisationen mit Händewaschen und Abstandsregeln vor einer Infizierung schützen können, ist das für Geflüchtete, die in überfüllten Camps wie auf der griechischen Insel Lesbos leben, nahezu unmöglich. Mitarbeiter_innen von Hilfsorganisationen haben aufgrund katastrophaler hygienischer Zustände schon früh auf ein ernstes Pandemierisiko im total überfüllten Moria Camp hingewiesen: es mangelt an sauberem Trinkwasser, sauberen Toiletten und Abwasserreinigung. Hinzu kommt das Leben in Zelten in Regen und Kälte und eine unzureichende Gesundheitsversorgung. Solche Umstände machen vorbeugende Maßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen natürlich unmöglich -  perfekte Bedingungen für den Virus, sich ungehemmt zu verbreiten. Hilfsorganisationen vor Ort versuchen dennoch mit ihrem Einsatz das Schlimmste zu verhindern. Doch anstelle dringend benötigter Unterstützung, erfahren Geflüchtete und auch Helfer_innen nun immer häufiger tätliche Angriffe. Verschiedene Medien berichten über gewalttätige Attacken, Brandstiftungen und die Anreise von Mitgliedern der Identitären Bewegung aus Deutschland, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde.

*Demonstrationen für die Aufnahme Geflüchteter*
Doch auch von staatlicher Seite wird hart gegen Flüchtlinge und Migrant_innen an der griechischen Grenze vorgegangen, nachdem die Türkei vor einigen Wochen erklärt hatte, die Grenze zur EU sei offen: mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen sollen Familien mit zum Teil kleinen Kindern davon abgehalten werden, die Grenzen zu überqueren. Menschen, die es trotzdem geschafft hatten, wurden sofort wieder - ohne Asylrechtsprüfung - abgeschoben; laut Genfer Flüchtlingskonvention rechtlich illegal!
Menschen in vielen deutschen Städten demonstrieren seither für die Aufnahme der Geflüchteten und machen darauf aufmerksam, dass es bundesweit rund 140 Städte und zehn Bundesländer gibt, die das tun würden, doch das geht offenbar nur mit der Zustimmung der Bundesregierung, die sich bislang nur dazu durchringen konnte, 1.500 Flüchtlingskinder nach Deutschland zu holen - eine Zahl, die laut Expert_innen nicht nur völlig unzureichend, sondern geradezu lächerlich ist.

In einer Zeit, in der die Bundeskanzlerin die Bevölkerung zu Solidarität aufruft, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, sollten wir unsere Mitmenschlichkeit nicht nur auf unser nächstes Umfeld beschränken - das Virus kennt schließlich auch keine Grenzen, Hautfarben und Nationalitäten.

Quellen:

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Autorin / Autor: Rosi Stolz - Stand: 13. März 2020