Was ist ökologisch besser? Mehrwegflasche oder Getränkekarton?

Deutsche Umwelthilfe kritisiert "geschönte" Ökobilanz zu Getränke-Plastikkartons und spricht sich deutlich für Mehrwegflaschen aus

Im Zweifel immer die Mehrwegflasche wählen!

Im Sommer 2019 geisterten vielfach Meldungen durch die Medien, die dem Getränkekarton bzw. Tetrapak wieder einmal eine positive Ökobilanz bescherten: "Getränkekartons belasten die Umwelt laut einer neuen Studie oftmals weniger als Glasflaschen" oder "Laut einer neuen Studie spricht viel für Tetrapaks" titelten große bundesweite Zeitungen und Nachrichtenportale. Die Artikel bezogen sich auf eine vom Heidelberger Institut für Energie und Umweltforschung (IFEU) im Juli 2019 veröffentlichte Ökobilanz zu Getränkekartons und Mehrwegflaschen. Diese musste aber zwischenzeitlich wegen falscher Angaben zurückgezogen werden, weil in der IFEU-Ökobilanz für Milch in Mehrwegflaschen Transportentfernungen von 1.443 Kilometern und für Saft und Nektar von 1.231 Kilometern angenommen wurden, was laut Expert_innen völlig unrealistische Entfernungen sind, die viel zu hoch gegriffen waren. Bei solchen Angaben würde die Milch-Flasche, die in Köln verkauft wird zum Beispiel aus Mink in Weißrussland kommen.

Auf dieser Basis kommunizierten das IFEU-Institut und der Getränke-Plastikkartonverband FKN, der die Ökobilanz in Auftrag gegeben hatte, dass Getränke-Kartons für Milch aus Umweltsicht besser sowie für Saft und Nektar zumindest gleichauf mit Mehrwegflaschen seien. Nachdem das IFEU-Institut von Fachleuten auf die unrealistischen Zahlen angesprochen wurde, räumte dieses ein, mit falschen Zahlen aus Gutachten des FKN gerechnet zu haben und nach der Überprüfung festgestellt hätte, dass man aus Versehen die Transportentfernungen für Mehrweg verdoppelt hatte.

*Zauberinstrument "CO2-Gutschrift": Kahlschlag der Wälder*
„Wie lässt die Industrie eine aus bis zu 50 Prozent Kunststoff und Aluminium bestehende Einwegverpackung, die lediglich zu etwa einem Drittel recycelt und oft in der Umwelt entsorgt wird, umweltfreundlich erscheinen? Ganz einfach: Über eine Auftrags-Ökobilanz, die mit falschen Angaben zu Mehrweg und dem Zauberinstrument der ‚CO2-Gutschrift‘ ausgerechnet den Getränke-Plastikkarton schönrechnet“, kommentiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Für die DUH ist es ein "besonders dreister Trick", durch absurd hohe CO2-Gutschriften – ausgerechnet für die Verwendung von Primärfasern anstelle recycelten Papiers sowie die Verbrennung der Getränkekartons – die Klimabilanz der Einwegverpackung schönzurechnen. „Den Annahmen des IFEU-Instituts zufolge ist es klimafreundlich, Bäume zu fällen und daraus Papier herzustellen. Dabei verursacht die Papierherstellung massive CO2-Emissionen und das im Papier gebundene CO2 wird am Ende wieder freigesetzt. Von einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sind wir weit entfernt. Deutschland importiert mehr als 80 Prozent seines Faserbedarfs aus dem Ausland und die hohe Nachfrage führt selbst in Skandinavien, wo das Holz für die Getränkekartons vorwiegend herstammt, dazu, dass auch alte und artenreiche Wälder für diese Einwegverpackung kahlgeschlagen werden“, so der DUH.

*Nur ein Drittel der Getränke-Kartons werden recycelt*
Negative ökologische Folgen von Kunststoffverpackungen, wie die Vermüllung der Landschaft, Eintrag der Kunststoffpartikel in Flüsse, Seen und Meere oder die Belastung von Tieren und Menschen mit Schadstoffen und Mikroplastik, seien bei der ökobilanziellen Betrachtung ausgeklammert worden. Auch die in der IFEU-Studie angenommene Recyclingquote für Getränkekartons liegt nach Berechnungen der DUH nicht bei 64,7 Prozent, sondern tatsächlich bei nur 35,8 Prozent. Demnach wird kaum mehr als ein Drittel der Getränke-Plastikkartons recycelt.

*50 Prozent Kunststoffanteil*
Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband kritisiert außerdem, dass Getränkekartons nicht kreislauffähig seien, weil sie immer wieder aus neuem Kunststoff, Aluminium und Papierfasern hergestellt werden und eben nicht aus Recycling-Material bestünden. Schon allein der Begriff Getränke"karton" täusche darüber hinweg, dass sie aus bis zu 50 Prozent Kunststoffanteil bestehen, weswegen die DUH von ‚Getränke-Plastikkartons‘ spricht. Der Marktführer Tetra Pak bringe weltweit 721.000 Tonnen Plastik pro Jahr in Verkehr. Damit gehöre das Unternehmen neben den Konzernen Coca-Cola und Nestlé im Lebensmittelbereich zu den größten Plastiksündern weltweit, so die DUH.

Uns VerbraucherInnen empfiehlt der Umweltverband, dass wir uns nicht von vermeintlichen Öko-Sprüchen auf den Verpackungen blenden lassen, sondern uns am Verkaufsregal für regionale Mehrwegflaschen anstatt Getränke-Plastikkartons entscheiden.

Das ifeu Institut hat auf seiner Seite in einer Handreichung Stellung zu den einzelnen Kritikpunkten bezogen (siehe Links unten).

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Quelle:

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Autorin / Autor: Pressemitteilung/ Redaktion - Stand: 30. Oktober 2019