Umweltpunkte - ein Verbrechen

Beitrag zum Schreibwettbewerb Morgengrün von Viktoria van der Zwaan, 14 Jahre

Es war heiß und stickig in der Magnetbahn. Luna war grade auf dem Weg in das Umweltamt, sie wollte einen Antrag auf ein Auto stellen. Diesen Antrag brauchte sie dringend, um ihrer Forschung nach zu gehen, warum es im Distrikt Tricolon eine so hohe Umweltbelastung gab. Außerdem würde ein Auto ihr so einiges ersparen, zum Beispiel die stickige Luft während einer Magnetbahnfahrt. Verschwitzt und nach frischer Luft ringend stieg sie aus. Es war ein heißer Tag Ende Oktober, da das Klima sich in den letzten Jahren drastisch geändert hatte. Mit großen Schritten stieg sie die Treppe zum Eingang hoch. Sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen, dann bekäme sie den Antrag erst recht nicht. Schnell schnappte sie sich das letzte Hoverboard und flog durch die Gänge zum Büro des Umweltministers, welcher bereits mit dem Verkehrsminister auf sie wartete. Vollkommen durchgeschwitzt betrat sie den schwach erleuchteten Raum. Seit Ende letzten Jahres musste jeder Staatsbürger Ökostrom benutzen, weshalb die Lampen nur noch halb so stark leuchteten. Luna war sehr nervös und aufgeregt.
„So, du möchtest also gerne ein Auto haben?“, fragte der Umweltminister ohne große Umschweife und schaute sie durch seine große digitale Brille an.
„Ja“, antwortete Luna mit zittriger Stimme. „Ich brauche eins für meine Arbeit, ich bin von der Umweltpolizei und gehe einem sehr interessanten Fall nach, bei dem es überaus vorteilhaft wäre, wenn ich ein eigens Verkehrsmittel besitzen würde.“
„Ich schätze sie kennen die Bedingungen für einen solchen Antrag? Wie viele Umweltpunkte haben sie?“
„Ja ich kenne die Bedingungen und ich habe im Moment noch fünf Umweltpunkte, aber ich werde gleich morgen bei der Tierschutzorganisation mitarbeiten und danach noch etwa zwei dutzend Bäume pflanzen.“ Umweltpunkte waren wichtig durch sie konnte man erkennen, wer wie viel Schaden der Umwelt zugefügt hatte, man bekam welche beim Kauf von Plastikverpackungen oder beim Benutzen von umweltbelastenden Stoffen wie Erdöl oder ähnlichem. Um diese Punkte wieder zu löschen, musste man bei Aktionen mitmachen wie zum Beispiel der Tierschutzorganisation oder Pflanzen von Bäumen.
„Wenn ich das morgen erledigt habe, habe ich keine Punkte mehr!“, fügte Luna noch rasch hinzu.
„Okay Luna wir werden uns nun kurz beraten, würdest du eben ins Wartezimmer gehen?“, meinte nun der Verkehrsminister. Vorsichtig stand Luna auf und verließ das Büro. Im Wartezimmer saßen noch zwei andere Personen. Sie nahm sich ein Tablett von dem Tisch und ging die Nachrichten durch.

Nur wenige Minuten später wurde sie wieder in das Büro hinein gerufen. Mit schlotternden Knien setzte sie sich, sie brauchte das Auto wirklich dringend, ohne würde sie ihren Auftrag nicht beenden können.
„Wir haben uns entschlossen dir den Antrag zu genehmigen, aber nur wenn du nach Beendigung deines Auftrages an mindestens vier gemeinnützigen Aktionen teilnimmst!“, erklärte ihr der Verkehrsminister.
Erleichtert willigte Luna ein und ging vollkommen zufrieden aus dem Ministerium hinaus.

Eine Woche später stand Luna mit einem gepackten Koffer am Parkplatz des Ministeriums. Nur vereinzelt standen hier und da Autos herum. Es war für die meisten nicht gut ein Auto zu benutzen, da man dafür sehr viele Punkte bekam. Doch für Luna gab es keine andere Wahl, sie musste schnell von einem Ort zum anderem wechseln und da war ein Auto am praktischsten. Nach gut einer halben Stunde hielt ein großes schwarzes Auto neben der jungen Frau an. Sie stieg ein und fuhr los.

Nach mehreren Stunden Autofahrt auf einer leeren Straße gelangte sie schließlich an ihr Ziel. Vor ihr lag der Distrikt Tricolon, welcher ihr nun um neun Uhr abends recht verlassen vorkam. Unsicher ging sie auf die Grenzposten zu. Ein bärtiger alter Mann schaut von seinem Schalter auf. Langsam näherte sie sich ihm und betrachtet das heruntergekommene Gebäude. Das letzte Mal war sie hier als sie zehn Jahre alt gewesen war. Vieles schien sich geändert zu haben. Luna überlegte, ob sie wirklich dort hineingehen sollte, besann sich dann aber doch noch auf ihre Pflicht und trat entschlossenen Schrittes vor.
„Entschuldigung, ich würde gerne diesen Grenzposten zum Distrikt Tricolon passieren!“, sagte Luna mit deutlicher Stimme.
„So so, in diesen Distrikt willst du? Ich muss sie enttäuschen das geht nicht. Wir lassen keine Fremden mehr rein, es sei denn du wohnst hier.“ Damit hatte Luna jetzt nicht gerechnet, völlig verdutzt schaute sie den grimmigen Mann an. Er hatte tiefe Narben im Gesicht und eine raue Stimme. Irgendwie musste sie doch hinein kommen, überlegte Luna.
„Es ist aber wirklich sehr dringend“, versuchte sie es noch einmal, doch alles Betteln und Bitten half nichts. Der Wachmann duldete keine Ausnahmen. Vollkommen aufgelöst und am Boden zerstört schlurfte Luna zum Auto zurück. All die Mühe war umsonst gewesen. Da hatte sie gedacht, endlich einen wichtigen Fall lösen zu können und dann kommt sie in den Distrikt nicht rein. Gedanken versunken blickte sie zum Tor zurück, der Wachmann war aufgestanden, um seine Runden zu drehen. Ihr Blick schweifte weiter zum Auto.
Und dann sah sie ihn, den Knopf der ihre Rettung bedeutete, darüber hatte sie gar nicht nachgedacht. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie auch über das Tor fliegen könnte. Hastig startete sie den Wagen und fuhr geradewegs auf die Mauer zu. Sie wurde immer schneller und schneller und drückte schließlich den gelben Knopf in der Mitte des Armaturenbrettes, sofort surrte das Auto und an den Seiten wurden Flügel ausgefahren. Schließlich gab es einen Ruck und der Wagen startete senkrecht in die Luft. Sie hatte es geschafft, langsam flog sie über die nun so kleine Mauer hinweg.

Nach einigen Wochen voller Suche fand sie endlich eine Industrie, welche Unmengen an Abgasen produzierte. Das Mädchen war entsetzt über eine solche Verantwortungslosigkeit. Luna meldete diesen Fall sofort und die Industrie musste über 100 000 Umweltpunkte abarbeiten.
Sie gab ihr Auto wieder ab und half noch zwei Wochen tatkräftig beim Bäume pflanzen mit.

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