DER WELTENBRAND

Beitrag zum Schreibwettbewerb Morgengrün von Dennis Krumbach, 24 Jahre

Groß war seine Angst, als er vor den Ruinen der Verlorenen stand. Denn die Geschichten haben ihn gelehrt, dass diese Rasse nie aus ihr lernt. Der Weg, den sie einschlägt, ist der Schnelle und Gierige. Egoistisch verfolgt von der Zeit, die sie jagt und somit ihre Umwelt vergessen ließ.

Lucathiel bückte sich fast ehrfürchtig um ein altes Artefakt aufzuheben. Wischte mit seinem Daumen den toten Staub von den Gravuren, welcher vermischt war mit der Asche derer, die dieses Artefakt einst so geheiligt hatten. Ein wunderschöner, fast verführerischer Glanz kam zum Vorschein, als es das warme Licht der Sonne reflektierte. Eine Münze mit zwei Seiten. Eine wertlose Zahl auf der einen und ein für die Freiheit stehender Adler, fest und starr gefangen auf der anderen. Er konnte fühlen, durch wie viele Hände diese Münze schon gegangen war. Wie viel Leid sie verursacht hat bei denen, die es sich nicht leisten konnten diese herzugeben und die Freude derer, die es eintauschen konnten gegen etwas Glück. Eine Medaille mit zwei Seiten. Fluch und Segen, Friede und Krieg.

Er ließ sie fallen als der Schmerz unerträglich wurde, welchen sie in seinem Körper auslöste. Ein fast wunderschöner, melodischer Klang den die Münze erzeugte, als sie auf gläserne Knochen fiel, die sich unter der dicken Schicht aus Asche verborgen hielten. Gläserne Knochen die in ihrem Kern noch immer glühten von dieser unendlich senkenden Hitze, die einst wie ein gigantischer Blitz durch diese massiv schwarze Wolkendecke aus giftigem Smog gebrochen war und so innerhalb eines Augenblicks den Weltenbrand brachte.

Kinder, die unter dem Schutz der verbrannten Körper ihrer Eltern die erste Hitzewelle überlebten und nun gezwungen waren in die toten Augen ihrer Mütter und Väter zu blicken. Unmöglich sich aus dem schützendem Griff aus gläsernen Knochen zu befreien, der sie liebend umklammerte. Langsam starben sie mit der Zeit, die sonst so schnell verging. Begleitet von den qualvollen Schmerzen und dem Geschrei des Leidens. Verhungerten im Angesicht ihrer Geliebten, während sich ihre Haut schmerzhaft vom kochenden Körper abschälte.

Ja selbst die falschen Könige, die sich in Sicherheit gewogen hatten, tief im Herzen des Molochs, welches sie zu ihrem Schutz auf den Ruinen zahlreicher Kriege erbaut hatten. Gekocht wurden sie von der erdrückenden Hitze, die alles dahinschmelzen ließ oder zerfressen von der Wahrheit, welche sie nicht verkraften konnten, als sie sie erkannten, was sie getan haben.

Lucathiel wandte sich ab von diesen Ruinen, die in ihm eine solch endlose Leere auslösten. Wanderte Schritt für Schritt auf dem Fundament all dieser Toten, die das blühende Beet dieser neuen, wunderschönen Welt bildeten.

Generationen verstrichen bis sich ein Wandel vollzogen hatte und die wenigen, die überlebt hatten, waren kaum wiederzuerkennen. Die Schönheit hatte ihre Bedeutung verloren. Geld hatte keinen Wert mehr und all die Technik, die das Denken dieser Rasse übernommen hatte, war nutzloser Schrott, als der gigantische Blitz am Himmel alle Schaltkreise kurzgeschlossen hatte.

Und der Wandel, der sich vollzogen hat, war voller Magie. Diese globale Katastrophe, welche diese Rasse beinahe komplett ausgelöscht hatte, erweckte ein neues Bewusstsein. Das unendliche Leid, welches sie alle miteinander teilten, war der Schlüssel für die Empathie, welche alle Konflikte lösen sollte. Die Menschen waren wie neu geboren und die Sprache, die sie jetzt sprachen, war ohne Worte. Ihre Gefühle waren miteinander verbunden und somit gab es keine Missverständnisse mehr. Keine Lügen und Intrigen. Keine Missgunst und kein Neid. Die Schneise von verbrannter Erde zwang sie dazu, von vorne anzufangen. Es war ein Geschenk, eine Möglichkeit sich von dem falschen Weg zu lösen, der einst eingeschlagen wurde.

Lucathiel blieb stehen, an der Kante der Klippe. Blickte hoch in den klaren Himmel an der verdunkelten Sonne vorbei, deren Hitze sie gezwungen waren zu drosseln. Sah die Weite des Universums, welches ihnen das Geheimnis der grenzenlosen Kraft offenbarte, von der die Menschen gelernt hatten und nun im Einklang mit der Natur lebten. Das Geheimnis, dass die Energie nicht in der Zerstörung lag. Nicht in der Explosion von Kraftstoff, welches im Motor zum Verschleiß führte. Auch nicht im Verbrennen von gespeicherter Energie, die ihre giftigen Stoffe freisetzte, welche über Millionen von Jahren mühevoll versiegelt worden waren und erst recht nicht in der Spaltung von Atomen, was selbst die Sonnen niederstreckt. Nein, beim Beobachten der Natur wurde eines klar, alles dreht sich und schwingt in Harmonie. Das Universum rotiert, damit es nicht in seiner Masse zusammenbricht. Die Galaxien im Universum rotieren ebenfalls und wiederum die Sonnensysteme in diesen. Die Planeten drehen sich um ihre eigene Achse und mit ihr die flüssigen Kerne in ihren Herzen, was ein schützendes Magnetfeld erzeugt. Wolken verwirbeln sich und bilden einen kraftvollen Wirbelsturm. Und selbst Elektronen drehen sich um den Atomkern.

Dann sah er mit Stolz herab auf die belebte Welt mit der sein Volk im Einklang lebte. Wie sie die freie Energie nutzten, welche sie umgab. Wasser, welches in natürlich geformte, in sich verwirbelte, hyperbolische Trichter floss und an der anderen Seite mit einem solchem Druck herausströmte, dass es durch die natürliche Beschleunigung unaufhörlich Energie erzeugte. Gleichzeitig führte dieses zentripetale Prinzip dazu, dass im Wasser die Clusterklumpen auseinandergerissen wurden und es sich dann mit Sauerstoff aus der Luft anreichert und sich somit neu strukturierte. Das löste nicht nur das Energie Problem, sondern führte langfristig auch zur Wiederaufbereitung des verschmutzen Wassers des blauen Planeten. Ebenso war es durch künstliche Verwirbelungen in den Weltmeeren möglich, all das Plastik und andere schädlichen Substanzen durch ihren natürlichen Sog anzusammeln und dann vom Wasser zu trennen.

Lucathiel lächelte mit Stolz bei dem Anblick der wiedererblühten Mutternatur.

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Autorin / Autor: Dennis Krumbach, 24 Jahre