Fleisch müsste das Dreifache kosten

Studie zu den wahren Kosten unserer Lebensmittel zeigt, dass Umweltbelastungen nicht im Preis inbegriffen sind und von der Allgemeinheit bezahlt werden

Seitdem Discounter fast flächendeckend unsere Lebensmittelversorgung übernommen haben, unterbieten sich die Aldis, Pennys und wie sie noch alle heißen mit Lebensmittelpreisen, die schon fast unethisch zu nennen sind. Nicht nur, weil die Bauern, die unsere Mahlzeiten produzieren immer weniger daran verdienen, sondern auch, weil die „versteckten Kosten“, die durch drei maßgebliche Umweltbelastungen – Stickstoff, Treibhausgas-Emissionen und Energieverbrauch – bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen, derzeit nicht in die Marktpreise für Lebensmittel einbezogen werden. Ein Kilo Fleisch müsste eigentlich mindestens dreimal so viel kosten, ein Liter Milch das doppelte, wenn diese versteckten Kosten von den Verbraucher_innen mitgetragen würden. Das haben Wissenschaftler_innen der Universität Augsburg in einer von der Tollwood GmbH und der Schweisfurth Stiftung in Auftrag gegebene Studie mit dem Titel „How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich?“ evaluiert.

"Unsere Studie offenbart eine erhebliche Fehlbepreisung und damit Marktverzerrung durch die Preisdifferenz, die zwischen den aktuellen Erzeugerpreisen und den wahren Kosten liegt", resümiert Dr. Tobias Gaugler vom Institut für Materials Resource Management (MRM) der Universität Augsburg und erläutert weiter, dass die höchsten externen Folgekosten duch die Produktion konventionell hergestellter Produkte tierischen Ursprungs entstehen. Solche Kosten entstehen zwar auch bei Bio-Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs, aber die betragen nur 6 Prozent.

*Treibhausgase und Stickstoff*
Am meisten Umweltbelastungen entstehen bei der energieintensiven Aufzucht von Nutztieren. Der Anbau der Futtermittel, die Beheizung und Belüftung der Ställe sowie der Metabolismus, also der Stoffwechsel der Tiere setzen hohe Werte von Stickstoff und Treibhausgasen frei und benötigen natürlich viel mehr Energie als der Anbau pflanzlicher Produkte. In der ökologischen Landwirtschaft wird auf mineralische Stickstoffdünger beim Pflanzenanbau verzichtet und die Tiere bekommen weniger industriell produziertes Kraftfutter, was die externen Kosten für die Regulierung für Umweltschäden stark verringert.

Für Gaugler stellt dies eine Form von Marktversagen dar, denn für viele negative Klima-, Umwelt- und Gesundheitsfolgen, die sich aus der Lebensmittelproduktion ergeben, kämen aktuell weder die Landwirtschaft noch die Konsument_innen auf. Dieser Preis- und Marktverzerrung müsse man mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen begegnen. "Ausgehend von unseren Ergebnissen und dem 'polluter pays principle' der UN folgend müssten insbesondere Produkte aus konventioneller Nutztierhaltung deutlich mehr kosten, als dies aktuell in Deutschland der Fall ist“, so der Wissenschaftler.

*Gesellschaftlich soziale Auswirkungen*
Die Studie leiste einen Beitrag zur Kostenwahrheit und sei bislang die erste Studie, die für Deutschland diese Umweltbelastungen errechnet hat - wobei sie tatsächliche Preisdifferenz wahrscheinlich noch erheblich größer sei, so die Autor_innen. Weil die Datenlage zu gravierenden weiteren Umweltfolgen, wie beispielsweise zu den gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen oder den ökologischen Auswirkungen durch den Einsatz von Pestiziden, so unzureichend sei, konnten in der Studie darüber keine Aussagen getroffen werden.

*Die Gemeinschaft zahlt*
„Die Preise sagen uns nicht die Wahrheit. Ökologische und soziale Kosten zahlt die Gemeinschaft und nicht der Konsument. Um Anreize für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und nachhaltigen Konsum gestalten zu können, die auf dem Respekt vor dem Lebendigen beruhen, brauchen wir die Transparenz über die wahren Kosten, die bei der Erzeugung für die Allgemeinheit entstehen", kommentiert der Geschäftsführer der Schweisfurth Stiftung, Dr. Niels Kohlschütter.

„Die Politik muss umgehend Maßnahmen ergreifen und diese extreme Preis- und Marktverzerrung abstellen, die vor allem die Bio-Lebensmittel am Markt benachteiligt. Es kann nicht angehen, dass die Kosten für ökologische Schäden bei der Lebensmittelproduktion nicht eingepreist sind und stattdessen von der Allgemeinheit bezahlt werden müssen. So werden die Verbraucher an der Nase herumgeführt",  ergänzt Stephanie Weigel, die bei der der Tollwood GmbH den Bereich Mensch und Umwelt leitet. "Wenn die Lebensmittel im Supermarkt mit dem wahren Preis ausgezeichnet wären, würden viel mehr Menschen zu Bio-Produkten greifen, die dann kaum mehr teurer wären als konventionell erzeugte“.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 20. September 2018