"Entwicklung ist weiblich" - Teil 2

In den letzten Jahren ist die Zahl von Mädchenmorden drastisch gestiegen. Der Auslöser dafür ist der Mädchenhass. Die Medizin hilft mit modernen Methoden nach: durch Fruchtwasseranalysen und Ultraschall kann vorzeitig das Geschlecht des Kindes festgestellt werden. Schwangerschaftsabbrüche sind in Indien bereits seit 1971 erlaubt. (Im Vergleich galt in Deutschland noch Anfang der 90´er eine Abtreibung als illegal). Eine Abtreibungsklinik in Bombay meldete, dass von 8000 Abbrüchen, 7999 Mädchen und 1 Junge waren.
Ein weiterer Grund für das frühe Sterben von Mädchen ist die grobe Vernachlässigung von medizinischer Behandlung sowie Unterernährung im Säuglingsalter. Bei der Essenvergabe bekommen die Väter und Söhne das Beste und für die Frauen bzw. Mädchen bleiben ihre Reste. Wenn ein Mädchen krank wird, stirbt es viel leichter, während beispielsweise die Brüder oder Cousins die Krankheit mühelos überstehen.
Mittlerweile sind in Indien 14 Methoden zum Mord von Säuglingen bekannt. So gibt man ihnen zum Beispiel vergiftete Mild statt Muttermilch oder gießt Gift über ihrem Ohr aus, welches von dort aus schnell in das Gehirn gelangt.
Wieder haben oft auch die Schwiegereltern der Frau ihre Hände mit im Spiel, die häufig einen großen Druck auf die Mutter ausüben.
Mütter töten ihre eigenen Töchter, um ihnen das Elend zu ersparen und um sich finanziell zu entlasten. Wenige Frauen können von den Morden ihrer Töchter sprechen, ohne Tränen in die Augen zu bekommen.

*Mut zur Befreiung*
Es gibt heute mehrere Frauenbewegungen in Indien: MANUSHI und die DEUTSCHE ANDHERI-HILFE. Rosi Gollmann (75 Jahre, Gründerin der Dt.-A-Hilfe) besuchte im vergangenem Jahr mehrere Dörfer Indiens und hatte sich auf ihre Fahnen geschrieben, über Mädchenmorde und Tempelprostitutionen aufzuklären und indische Männern zu überzeugen, dass eine Welt ohne Frauenfeindlichkeit eine bessere Welt ist. Frauen möchte sie Mut zur eigenen Befreiung zusprechen. Rosi Gollmann besuchte Dörfer, in denen vor 3 Jahren zwischen 50-80% der Mädchen umgebracht wurden, mittlerweile ist die Zahl dort auf 0% gesunken. Dort konnte sie im Nachhinein hören, dass mittlerweile eine Mädchengeburt sogar gefeiert wird, in dem man Kokosnussbäume zur Begrüßung pflanzt. Die DEUTSCHE ANDHERI HILFE konnte bewirken, dass in weiteren 34 Dörfern der Mädchenmord ebenfalls nicht mehr praktiziert wird. Immer mehr Frauen gehen auf die Straße, um ihre "Schwestern" wachzurütteln. Überraschender Weise gibt es keine großen Gegenproteste von Männern. Die DEUTSCHE ANDHERI HILFE existiert seit 12 Jahren und macht darauf aufmerksam, wie viel Aufklärungs- und Bewusstseinsarbeit in Indien noch zu leisten ist. Ihr Motto: "Entwicklung ist weiblich".

Autorin / Autor: Mishara - Stand: 12. November 2003