Strafe für Songtexte auf Webseiten?

Webmaster bekamen Rechnungen von 1600 Euro

Als ich vor ein paar Tagen, die Aufgabe gestellt bekam einen englischen Songtext zu analysieren und zu übersetzen, dachte ich noch, dass es kein Problem darstellen dürfte. Ich hatte mich jedoch geirrt! Da ich über das Wochenende Zeit hatte, hob ich mir diese Aufgabe für Sonntagabend auf. Hiermit sollte jedoch das Problem erst beginnen. Dieses fing schon damit an, dass ich erst einmal Probleme hatte, überhaupt die Verbindung mit dem Internet zu bekommen. So, nachdem dieses Hindernis nun überwunden ist, wird der Weg zum „Ziel“ frei sein - dachte ich.

Ich versuchte es zuerst mit einer mir bekannten Seite. Jedoch musste ich feststellen, dass es keine Texte mehr gab und auch bei allen anderen Seiten, die ich so kannte, traf dieses zu. Der Grund: Ein Großteil der Seiten, die Liedtexte im Netz veröffentlichten, haben eine schriftliche Abmahnung bekommen. So bekamen im April über 40 meist nichtkommerziell arbeitende Songtext-Webmaster Rechnungen in Höhe von etwa 1600 Euro und einem Streitwert von 50000 Euro zugeschickt. Dieses geschah alles im Auftrag einer Berliner Anwaltskanzlei. Jedoch wurden nicht nur Seiten mit ausschließlich Songtexten angeschrieben, sondern auch Private-Fanpages mit Textveröffentlichungen. Dabei würden doch gerade Fans nichts tun, um ihren Idolen zu schaden. Auch wird zumeist viel Zeit in die Erstellung dieser Seiten und in die ständige Aktualisierung gesteckt. Die Art der Seite machte in der Höhe der geforderten Geldsumme aber keinen Unterschied. Egal ob die Seiten nun einen Besucherandrang von mehreren 100 am Tag oder vielleicht nur 2 Personen in der Woche vorweisen, die Summen bleiben gleich. Auffällig ist auch, dass nicht jeder Anbieter nur eine „Sammelrechnung“ zugeschickt bekam, sondern pro veröffentlichtem Songtext eine Mitteilung versendet wurde. Die Anwaltskanzlei hat sich vor allen Dingen mit Titeln u.a. von Sarah Connor, Die Ärzte und Blondie befasst, wobei Sarah Connor und auch die Ärzte eine große Fangemeinde unter Jugendlichen haben. Diese besitzen zumeist nicht das Geld auch nur ein Teil der zugeschickten Mahnungen zu bezahlen. So kommt man schon mit nur 25 Abmahnungen auf 40.000 €, welches für einen privaten Anbieter nicht zu leisten ist. Das Geschäftsvolumen aller Abmahnungen beträgt inzwischen über 300.000 €. Die entstehenden Kosten sind schon überragend, so entstehen Porto-, Bearbeitungs-, Papierkosten etc. und der ausbleibende Erfolg ist in gewisser Weise vorherbestimmt. Viele Seitenanbieter weigern sich, diesen geforderten Betrag zu bezahlen und schalten einen Anwalt ein, oder senden ein Widerspruchschreiben zurück. Rechtlich gesehen besteht an Songtexten zwar Urheberrecht, jedoch ist auch gleichzeitig Werbung mit der Veröffentlichung verbunden. So entsteht für Fans die einmalige Gelegenheit, sich die Texte zu besorgen, ohne diese mühvoll bei dem gewünschten Lied mitschreiben zu müssen. Die Fans tun etwas für ihre Stars und immerhin wäre jeder noch so gute Musiker ein Niemand ohne seine Fans. Außerdem ist zu bezweifeln, ob mit der Veröffentlichung auch Millionenverluste entstehen, wie das bei Musikkopierern der Fall ist. Jetzt stellt sich mir allerdings die Frage, warum es dann überhaupt zu dieser Abmahnwelle kommen musste. Beim Durchstöbern des Internets musste ich feststellen, dass es viele Zweifel im Zusammenhang mit diesen Vorkommnissen gibt. So geht man z.B. davon aus, dass diese Aktion größtenteils nicht von den Sängern und deren Musikverlagen, sondern eher von gewieften Anwälten ausgeht, die eine Marktlücke wittern. Im April 2005 hat sich jedoch das Landesgericht Berlin dieses Falles angenommen und die Rechtswidrigkeit der ungenehmigten Veröffentlichung von Liedtexten im Internet durch eine einstweilige Verfügung bestätigt. Laut des Landesgerichts müssen die Seitenbetreiber die dazu erforderliche Genehmigung der Rechteinhaber (Urheber, Verlag) einholen, um dann die Liedtexte verwenden zu können (§§ 97, 19a, 15 UrhG). Auch der Einwand, dass die Seiten keinen Profit durch ihre Veröffentlichung erzielt haben wird abgewehrt. So wird das alleinige Anbringen von Werbung und Bannern als gewinnorientiert angesehen und die Gewinnerzielungsabsicht unterstellt. Auch das, von den Anbietern der Seiten, monierte Einschalten einer Anwaltskanzlei, wurde durch das Landesgericht nicht bestätigt. Allein schon das Einschalten des Landesgerichtes macht eine Anwaltskanzlei notwendig. Der zugrunde gelegte Streitwert wurde zu dem beglaubigt.

Somit bleibt abzuwarten wie sich dieser Fall entwickeln wird. Ich kann nur hoffen, dass es im Internet bald wieder ein reichhaltiges Angebot an Songtexten geben wird. Die Beweggründe der zuständigen Urheber, Verlage und evtl. der Anwaltskanzlei sind zwar in gewisser Weise verständlich, jedoch ist es kein Grund pro Lied einen Brief zu verschicken. Die Kontaktaufnahme wäre auch in einem andern, nicht so übertriebenen Maße möglich gewesen, ohne die Anbieter so „vor den Kopf“ zu stoßen. Somit wurde jegliche Kooperation zwischen Musikbranche und Seitenbetreibern zu Grunde gemacht, und es brachte der Musikindustrie wahrscheinlich mehr Schaden als nutzen. Die Künstler dürften keinen weiteren Einfluss haben, da die ganze Aktion eher von den jeweiligen Verlagen ausgeht. Trotzdem es ist und bleibt ein weiterer Schlag für die Musikindustrie.

Autorin / Autor: Karfreitag - Stand: 19. Mai 2005