Adenauern und Millowitschen

Weltparkett und kölsche Bühnenbretter

Bis jetzt sind Bauten und Stadtteile im Ring gegeneinander angetreten, was – zugegeben – abstrakten Charakter hatte. Deswegen lasse ich nun endlich Personen kämpfen. Welche, die sich in Boxermontur vorzustellen mit Belustigung verbunden ist. Beide muss ich vorübergehend wieder zum Leben erwecken, was ich gerne tue. Es handelt sich um Willy Millowitsch und Konrad Adenauer. Nun muss ich mir selbst und Ihnen nun weismachen, der beleibte und beliebte Volksschauspieler sei um Klassen besser als der Bundeskanzler, der den in seinem kölschen Dialekt mitschwingenden Optimismus erfolgreich auf das Nachkriegsdeutschland übertragen konnte. Nichts leichter als das. Konny, der Kölner Oberbürgermeister, der seinen Posten 1933 durch die Nazis verlor, räumte die von eben jenen hinterlassenen Trümmer nach 1949 als erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zusammen. Er baute auf Nichts etwas Neues. So ist er, der Köln schon 1937 den Rücken kehrte und sich in Rhöndorf bei Bonn (rechtsrheinisch) ein Haus baute, letztendlich doch Weltbürger geworden. Das Weltparkett, auf dem Konny spazierte, ist dem heimatverbundenen Kölner jedoch zu rutschig. Lieber sucht er sich da wo es überschaubar ist, greifbare Helden. Willy Millowitsch ist linksrheinisch geboren, ebenda durch das von seinen Eltern gegründete Volkstheater Millowitsch berühmt geworden und ist nun für immer sesshaft auf dem Melatenfriedhof (linksrheinisch). Auch wenn er eine überregionale Karriere hinlegte, sein Leben begann und endete in Köln. Das Bronze-Denkmal auf dem Eisenmarkt, das Willy lebensgroß auf einer Bank sitzend darstellt, ist ganz abgegriffen. Die meisten, die da vorbeikommen, nehmen mal neben ihm Platz. Drei zu null.

*Endkampf?*
Ein Boxkampf dauert normalerweise länger, doch man sieht, worauf mein Gedankenexperiment hinausläuft. Als Atempause nach einem aufregenden Kampf, möchte ich einmal auf dem Rhein von der Frankenwerft bis zur Mülheimer Brücke und zurück fahren. An einem Sonntagnachmittag mit dem Ausflugsschiff „MS Willi Ostermann“. Nach ihm, der auf dem Sterbebett den berühmten Refrain „Ich mööch zo Foß no Kölle jon“ schrieb, ist ein Dampfer benannt worden. Das ist vielleicht lustiger als all seine Karnevalsschlager zusammen. Etwas möchte ich ihnen nicht vorenthalten: Es war niemand geringeres als Konrad Adenauer, der Willy Millowitsch unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg darum bat, den Spielbetrieb im Millowitsch-Theater wieder aufzunehmen, damit die Kölner wieder etwas zu lachen haben. Und den Sonnenuntergang über dem linksrheinischen Kölnpanorama kann man am schönsten von der rechten Rheinseite aus beobachten. Warum Köln also einseitig betrachten, wenn es doch zwei Seiten hat? Im fiktiven Kampf gehen beide KO, denn sie sind beide OK.

Autorin / Autor: alexi - Stand: 11. November 2005