Jahr des Affen: Unser nächster Verwandter stark gefährdet

WWF warnt: mehr als 60 Prozent aller Affenarten werden auf der internationalen „Roten Liste“ der Weltnaturschutzorganisation IUCN als „bedroht“ eingestuft

Am 8. Februar beginnt  das chinesische Jahr des Affen. Für Gorillas,  Lemuren oder Orang-Utans besteht allerdings kein Grund zum Feiern: Der WWF warnt vor der wachsenden Bedrohung für unsere nächsten Verwandten. Inzwischen werden mehr als 60 Prozent aller Affenarten auf der internationalen „Roten Liste“ der Weltnaturschutzorganisation IUCN als „bedroht“ eingestuft. Im letzten Jahr des Affen vor zwölf Jahren traf dies lediglich auf jede vierte Art zu. Hauptgründe für die zunehmende Bedrohung sind laut WWF der Lebensraumverlust durch den Menschen und die Wilderei.

„Um unsere nächsten Verwandten steht es alarmierend schlecht. Für 259 der 425 bekannten Primatenarten besteht ein hohes Risiko, in unmittelbarer Zukunft auszusterben. Viele Affen drohen also, bald für immer aus der Natur zu verschwinden“, warnt Dr. Arnulf Köhncke, Referent für Artenschutz beim WWF. „Wir müssen dafür sorgen, dass bedrohte Affenarten auch zum nächsten Jahr des Affen in 12 Jahren noch genügend Lebensraum auf unserem Planeten haben.“ Für Ackerbau und Viehhaltung werden Tropenwälder abgeholzt oder abgebrannt, sodass Primaten als meist Waldbewohner heute nur in noch einem Bruchteil ihrer ursprünglichen Verbreitungsgebiete leben können.

„Waldzerstörung war schon immer das Hauptproblem, doch die zunehmende illegale Jagd auf Primaten setzt die Bestände nun zusätzlich unter Druck“, so Köhncke. „Als meist tagaktive, relativ große und laute Tiere, die sich oft in Gruppen aufhalten, sind sie für Wilderer einfache Ziele.“ Während sie in Afrika wegen ihres Fleisches als „bushmeat“ gewildert werden, werden in Asien ihre Körperteile auch für traditionelle Medizin verwendet. Zudem werden Jungtiere, bevorzugt Orang-Utans und Koboldmakis, gefangen genommen, um als Haustiere verkauft zu werden. Die Elterntiere werden häufig zuvor getötet.

Einige Arten wie der braune Klammeraffe, der rote Vari und der Alaotra-Bambuslemur sind innerhalb von nur drei Affengenerationen um mehr als 80 Prozent zurückgegangen. Besonders dramatisch ist die Situation in Madagaskar, mit vielen Primatenarten, die nur dort vorkommen, ein wahrer Hotspot der weltweiten Affen-Vielfalt. Waren vor zwölf Jahren dort noch 31 Affenarten bedroht, sind es heute 90 von 99 bekannten Arten. Auch in Asien ist die Situation kritisch. Rund 75 Prozent der dort heimischen Affenarten sind bedroht.

„Uns steht eine große Herausforderung bevor, die besorgniserregende Entwicklung wieder umzukehren, denn Primaten pflanzen sich nur langsam fort“, mahnt Köhncke. Einrichtung von Schutzgebieten, gute Umsetzung nationaler und internationaler Gesetze, ein nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen sowie ein effektives Vorgehen gegen die Wilderei spielen dabei eine wichtige Rolle. „Große Teile gerade der Menschenaffen leben außerhalb von Schutzgebieten und müssen dort besser geschützt werden, sonst haben sie kaum eine Überlebenschance“, so Köhncke. Der WWF Deutschland setzt sich seit seiner Gründung insbesondere für den Schutz der Tropenwälder und seiner Bewohner ein, wie für die Bonobos im Salonga-Nationalpark. Durch wissenschaftliche Feldarbeit, Einrichtung von Schutzgebieten und die Ausbildung von Rangern sollen die Menschenaffen künftig besser geschützt werden.

*WWF stellt zehn der am stärksten bedrohten Affenarten vor*

*Östlicher Flachlandgorilla* Gorillas sind die größten Menschenaffen, die heute auf der Erde leben. Ausgewachsene Männchen werden bis zwei Meter groß und bringen fast 300 Kilogramm auf die Waage. Wie alle großen Menschenaffen bauen sich auch Gorillas aus Blättern und Zweigen ein Schlafnest für die Nacht – meist am Boden. Der WWF fürchtet, dass die Gorillas in 15 Jahren aus der Wildnis verschwunden sein könnten, wenn das gegenwärtige Ausmaß an Wilderei und Lebensraumverlust nicht drastisch reduziert wird.

*Alaotra-Bambuslemur* Der Alaotra-Bambuslemur wohnt ausschließlich in den dichten Schilfgebieten rund um den Lac Alaotra, dem größten See Madagaskars. Um über 80 Prozent ist der Bestand in 24 Jahren bzw. in drei Lemurgenerationen gesunken und wird heute auf 2.500 bis 5.000 Exemplare geschätzt –Tendenz fallend. Die einzelnen Populationen der bis zu 40 cm großen Lemuren sind so stark zerstückelt, dass ein genetischer Austausch nicht mehr stattfinden kann und so die langfristigen Überlebenschancen der Art gering sind.

*Roter Vari* Die Roten Varis leben in den Wäldern Nordost-Madagaskars und können häufig in Baumwipfeln gesichtet werden. Dort ernähren sie sich hauptsächlich von Früchten und Blättern, nehmen mit ihrer langen Zunge aber auch Nektar zu sich und spielen so eine wichtige Rolle in der Bestäubung. Die mit 55 cm relativ großen Lemuren sind durch die illegale Jagd durch den Menschen sowie durch Zyklone und Waldbrände vom Aussterben bedroht. Der WWF setzt sich für den Erhalt der madagassischen Wälder und deren einheimischen Arten ein – so sind heute rund zehn Prozent der Wälder geschützt, dreimal mehr als noch vor zehn Jahren.

*Philippinen-Koboldmaki* Wie sein Name verrät lebt dieser Koboldmaki ausschließlich in den Philippinen, einem Land, das bereits einen Großteil seiner tropischen Regenwälder eingebüßt hat. Mit einer Größe von 12 cm und einem Gewicht von bis zu 150g gehören sie bereits zu den größeren Koboldmakis. Die Zukunft der Philippinen-Koboldmakis ist ungewiss: Noch werden sie in der roten Liste des IUCN als gering gefährdet eingestuft, doch aufgrund des Lebensraumverlusts sowie des Klimawandels und dessen Folgen wie vermehrte Zyklone und veränderte Habitatbedingungen werden sie zu den in Zukunft am stärksten bedrohten Primatenarten gezählt.

*Sumatra-Orang-Utan* Die Orang-Utans leben im Gegensatz zu ihren afrikanischen Menschenaffenverwandten überwiegend einzelgängerisch. Auf Sumatra wurde der Gesamtbestand des Orang-Utans im Jahr 2008 auf etwa 6.600 Tiere geschätzt. Noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts lag deren Zahl bei etwa 85.000 Tieren.
Durch Abholzung des Regenwaldes ging der Lebensraum des Orang-Utans in den letzten 20 Jahren bereits um etwa 60 Prozent zurück. Durch den Klimawandel könnte es in Zukunft verstärkt zu Dürreperioden kommen. Dies erhöht das Risiko von Waldbränden, die jetzt schon das Leben der einzigartigen Affen gefährden.

*Tonkin-Stumpfnase* Diese Affen leben ausschließlich im nördlichen Vietnam, im namensgebenden Tonkin. Wie auch andere Vertreter der Stumpfnasenaffen sind sie an ihrer charakteristischen nach oben stehenden Nase erkennbar. Durch großflächige Entwaldung haben die Goldaffen, wie sie auch genannt werden, einen Großteil ihres Lebensraumes verloren. Auch starke Bejagung hat in den letzten Jahrzehnten zu einer enormen Verringerung der Population geführt. Heute werden die Tonkin-Stumpfnasen auf weniger als 250 Exemplare geschätzt. Der WWF setzt sich in der Region dafür ein, die einzigartigen Regenwälder und ihre Biodiversität zu schützen.

*Brauner Klammeraffe* Die Braunen Klammeraffen sind in den Wäldern Kolumbiens und Venezuelas heimisch und meistens in den oberen Baumregionen anzutreffen, wo sie sich mit ihrem Schwanz als fünfte Gliedmaße geschickt hangelnd fortbewegen. Trotz ihrer Geschicklichkeit sind sie vom Aussterben bedroht, denn in 45 Jahren ist ihr Bestand um 80 Prozent zurückgegangen. Der WWF schätzt, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren gleichermaßen fortsetzen kann, denn nach wie vor leiden die Klammeraffen neben starker Bejagung unter massiver Lebensraumzerstörung. Vor allem für Weideflächen und Palmölplantagen werden ihre Wälder gerodet. 

*Nördlicher brauner Brüllaffe* Die braunen Brüllaffen bewohnen die stark zerstückelten Küstenwälder im Osten Brasiliens. Durch Waldrodung für Landwirtschaft und Viehhaltung sind die Populationen weitestgehend isoliert. Von den weniger als 250 verbleibenden Individuen leben nie mehr als 50 im gleichen Gebiet, sodass die Population weniger stabil und stark vom Aussterben bedroht ist. Durch Bejagung entsteht ein zusätzlicher Druck auf die Brüllaffenpopulation.

*Rondo-Galago* Der Rondo-Galago ist mit 60 Gramm Körpergewicht nicht nur der kleinste, sondern auch der seltenste Vertreter seiner Familie. Sie kommen ausschließlich in den Küstenwäldern im Osten Tansanias vor; ihre Population erstreckt sich über sieben isolierte Waldflächen, die zusammen nicht mehr als 100 Quadratkilometer umfassen. Illegaler Holzeinschlag, insbesondere für die Kohleproduktion, zerstört den Lebensraum der Zwerg-Galagos. Vor Ort arbeitet der WWF mit Partnern zusammen, um die Wälder langfristig zu schützen und der einheimischen Bevölkerung zu helfen, ihre Ressourcen nachhaltig zu nutzen.

*Kaschmir-Hanuman-Langur* Der wissenschaftliche Name dieser Languren Semnopithecus ajax weist auf ihre Ähnlichkeit mit dem griechischen Helden Ajax hin, denn wie er haben diese Primaten eine buschige, mantelähnliche Kapuze und eine eindrucksvolle Statur. Doch seine eindrucksvolle Erscheinung schützt ihn nicht vor dem Aussterben: Aktuell wird der Bestand auf weniger als 250 erwachsene Tiere geschätzt. Die friedfertigen Languren leben ausschließlich im westlichen Himalaya in einer Höhe von 2200 bis 4000 Metern.

Quelle

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Autorin / Autor: Pressemitteilung - Stand: 9. Februar 2015