Leben mit Social Media

Einsendung zum Wettbewerb #netzheldin von Paula, 17 Jahre

Der folgende Text schildert meine eigenen Erfahrungen in den Sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten.
Immer früher werden Kinder und Jugendliche mit dem Internet und den sozialen Medien zusammen gebracht. Auf einmal haben Grundschüler schon das neueste Smartphone und ich bin dankbar, in ihrem Alter noch andere Dinge getan zu haben. Schnell werden Accounts bei Instagram, Snapchat usw. erstellt, Photos gepostet oder verschickt und mal ehrlich: SMS benutzt doch heutzutage kaum jemand mehr, schließlich gibt es weit verbreitete kostenlose Dienste, wie Whatsapp. Ich persönlich bin der Ansicht, dass das Internet und seine sozialen Medien durchaus genutzt werden dürfen, denn es ist unglaublich praktisch, doch ich habe auch die Erfahrung gemacht, wie leicht man sich hinter seinem Smartphone verstecken kann und sich traut, Nachrichten mit Inhalten zu verschicken, die man der betroffenen Person verbal wohl kaum mitteilen würde, ganz zu schweigen von der Anonymität, die oftmals problematisch werden kann.
Vor etwas mehr als einem Jahr, kurz vor meinem sechzehnten Geburtstag bekam ich bei Snapchat ein Bild zu geschickt (Snapchat ermöglicht das Versenden von Photos an andere Personen, die es sich dann nur für einige Sekunden ansehen können, da es nicht gespeichert wird). Das Bild, welches mir ein Junge aus meiner Klasse geschickt hatte, zeigte den Schritt seiner Hose, wo sich etwas von innen abzeichnete, er war also offensichtlich erregt. Er fragte mich, ob wir uns nicht „geile“ Bilder zuschicken wollten. Ich verneinte. Auf Whatsapp ging es dann weiter. Er erzählte mir, dass er meinetwegen so erregt sei und wollte mich überzeugen, mir trotzdem Bilder seines Genitals zu senden, ich müsse das auch nicht im Gegenzug tun. Daraufhin teilte ich ihm mit, dass ich immer noch nicht interessiert sei und er es bitte lassen solle. Das ging noch eine Weile weiter, bis ich es leid wurde. Am nächsten Tag bekam er in der Schule, wo er so tat, als würde er mich nicht bemerken, mit, dass ich das Ganze einigen anderen Mädchen erzählt hatte. Am Nachmittag desselben Tages schrieb er mich bei Whatsapp erneut an und wollte mir ein schlechtes Gewissen machen, weil ich es weiter erzählt hatte. Außerdem teilte er mir mit, wie lächerlich ich sei. Da ich mir eine weitere Diskussion ersparen wollte, sagte ich, er solle mich persönlich ansprechen, falls er mir etwas zu sagen habe. Natürlich geschah erst einmal nichts, bis er sich schließlich doch noch persönlich bei mir entschuldigte, obwohl ich weiß, dass dafür ein Gespräch mit einem gemeinsamen Freund notwendig war. Wie auch immer, die Sache war damit für mich vom Tisch und ich bemühte mich um einen normalen Umgang. Ich weiß von Freundinnen aus meiner Klasse, dass ich nicht die Erste bin, der er seltsame Nachrichten geschrieben hat, aber bisher wohl immer nur Komplimente auf eine Art und Weise, die einem unangenehm ist oder Liebesgeständnisse.
Es ist so, dass dieser Junge recht groß und kräftig ist und um es mal so auszudrücken von den meisten Mädchen wohl nicht als besonders attraktiv bezeichnet würde. Aber das ist nicht alles, denn schließlich können auch Menschen aufgrund ihrer Ausstrahlung anziehend sein.
Hier ist das Problem, dass er dumme Sprüche sagt und in unsere Klassengruppe bei Whatsapp Bilder mit rechten oder rassistischen Inhalten teilt. Ich frage mich wirklich, warum er das alles tut, denn ich bin mir eigentlich sicher, dass in ihm ein liebenswürdiger Kerl steckt. Aber ich glaube auch, dass er außerhalb des Chats jemand mit niedrigem Selbstwertgefühl und mangelndem Selbstvertrauen ist und ihm die sozialen Netzwerke die Möglichkeit geben, Dinge zu sagen, die er sich sonst nie trauen würde. Und schließlich hat er mir nach unserer letzten Klassenfahrt nochmals geschrieben, wie toll er mich fände, aber das konnte ich einfach nicht richtig ernst nehmen, weil er das ständig behauptet. Ich glaube er sucht dringlich Bestätigung und ich wünsche ihm, dass er irgendwann bekommt, wonach er sich im Innern sehnt.
Zum Thema mutig sein hinter seinem Smartphone habe ich auch eine eigene Geschichte zu erzählen. Vor fast zwei Jahren bemerkte in der Schule einen älteren Jungen. Ich muss gestehen, dass ich ihn bis heute sehr attraktiv finde, aber meine Aktion damals finde ich nur noch peinlich. Obwohl ich eigentlich alles andere als der Cliché-Teenager bin und mich von Jungs eher fern halte, bildete ich mir immer mehr ein, ich sei in ihn verliebt, nur weil ich einige Male von ihm geträumt hatte und eine Freundin mich darin bestärkte. Ob ich wirklich verliebt war, kann ich auch nicht genau sagen. Jedenfalls redete mir eben bereits genannte Freundin ein, ich müsse etwas unternehmen und den ersten Schritt unternehmen: Schon hatte ich mir seine Handynummer besorgt und ihm geschrieben, allerdings wusste er nicht, wer ich bin. Trotzdem fragte ich ihn nach einem Treffen und ich bin ihm heute dankbar, dass er ablehnte. Ich wollte ihm zwar keine unangemessenen Photos von mir andrehen, aber auch ich habe es mich nur hinter meinem Smartphone getraut. Obwohl mir das Ganze wirklich peinlich ist, war es vielleicht eine gute Erfahrung, die mich auf jeden Fall gelehrt hat, wirklich wichtige Dinge verbal zu lösen. Dennoch empfinde ich gerade Whatsapp im Alltag als unglaublich nützlich. Man kann sich verabreden und auf unkompliziertem Weg Inhalte teilen um zum Beispiel Schulaufgaben zu vergleichen. Leider hatten wir in unserem Klassenchat auch schon „Diskussionen“ über die aktuelle Flüchtlingskrise oder ähnlich brisante Themen, bei denen dann die unterschiedlichen Meinungen aufeinander prallten. Man kann hier wirklich nicht von einer konstruktiven Debatte sprechen. Aber genug dazu.
Ein weiteres Thema für mich wäre das soziale Netzwerk Instagram. Instagram dient zum hochladen von Bildern und Videos. Diese Inhalte kann man sehen, wenn man einen Account abonniert hat. Beiträge können mit „gefällt mir“ markiert und kommentiert werden. Eben diese Kommentare finde ich oft total absurd. Warum soll ich unter Bilder meiner Freunde schreiben, dass ich sie liebe oder wie hübsch sie darauf aussehen? Ich denke, das wissen sie. Oder warum sollte ich dies bei Personen, mit denen ich noch nichtmal etwas zu tun machen? So ist auch Instagram vor allem ein „Ort“ der Bestätigung. Zumindest denke ich dies darüber. Aber ich muss auch selbstkritisch sein, denn schließlich habe ich selbst einige Beiträge hochgeladen und genieße es, wenn diese mit „gefällt mir“ markiert werden. Für mich ist es eine Möglichkeit zu zeigen, wie gut ich in der Luftakrobatik bin, die ich als Sport ausübe. Trotzdem scheine auch ich hier mich über eben genannte Bestätigung zu erfreuen.
Gegen die Anmeldung bei Facebook habe ich mich bisher gestellt und hoffe auch in Zukunft daran festhalten zu können. Mal ehrlich, von den Leuten die sagen, sie seien dort nur angemeldet um mit manchen Leuten in Kontakt bleiben zu können, sind vermutlich die wenigsten ehrlich zu sich selbst. Es gibt auch im 21. Jahrhundert noch andere Möglichkeiten. Trotzdem bin ich auch nicht besser und bei Facebook hat man ja eigentlich Instagram und Whatsapp in einem, was jedoch den Nachteil bringt, dass es viel anonymer ist. Ein Grund, der für mich vor allem gegen die Nutzung Facebooks spricht, ist die zusätzliche Zeit, die man letztlich eigentlich sinnlos damit verbringt. Mir jedenfalls geht es oft so, dass ich eigentlich nur kurz etwas googeln will, dann eine Nachricht erhalte, vergesse, was ich eigentlich vorher plante zu tun und in meinem Smartphone versinke, bis ich mich von ihm losreißen kann. Ich bilde mir ein, dass ich insgesamt weniger Zeit mit chatten und Social Media verbringe, als einige meiner Freunde, die alle paar Minuten oder öfter das Handy aus der Hosentasche ziehen und darauf schauen. Ist das nicht auch irgendwie eine Sucht, auch wenn wir behaupten, wir bräuchten das alles nicht? Was mich betrifft, so habe ich während unserer letzten Klassenfahrt diesbezüglich eine positive Erfahrung gemacht. Für eine Dauer von zwei Wochen waren wir in der Pampa ohne WLAN oder Empfang und ich habe mein Smartphone nahezu gar nicht benutzt, musste es nur zwei mal aufladen, anstatt wie sonst täglich oder alle zwei Tage. Die eigentliche Erfahrung war jedoch das Gefühl, nicht immer erreichbar zu sein und sich anderen Dingen zu widmen. Trotzdem war es letztlich auch schön wieder Internet zu haben, aber diese Zeit hat mir gezeigt, dass man das ganze Social Media nicht braucht. Auf alle Fälle sollte man sich auch mit Datenschutz auseinander setzten, wenn man Gebrauch der sozialen Medien macht, sodass hierfür ein Bewusstsein entsteht.
Grundsätzlich denke ich, das der Gebrauch des Internets und der sozialen Netzwerke dem Zeitgeist entspricht und wir seine positiven Seiten nutzen sollten. Ich hoffe, ich konnte mit diesen ehrlich geschilderten Erfahrungen meiner Person einen kleinen Einblick geben.

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Autorin / Autor: Paula, 17 Jahre