Zukunftsperspektiven für Flüchtlingskinder

Deutsches Kinderhilfswerk zum Flüchtlingsgipfel: Nicht nur über Kostenverteilung diskutieren!

Laut UNO-Flüchtlingshilfe sind weltweit über 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Bilder der im Mittelmeer ertrunkenen, aber auch geretteten Männer, Frauen und Kinder zeigen allerdings nur einen winzigen Teil der Menschen, die ihre Flucht nach Europa angetreten haben. Die allermeisten fliehen innerhalb ihres eigenen Landes oder lediglich in ein angrenzendes Nachbarland. Die meisten Menschen kommen aus Afghanistan, Syrien, Somalia, Sudan, Kongo, Myanmar und Irak. Und sie landen bei weitem nicht nur in Europa. Die fünf größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen sind Pakistan, Iran, Libanon, Jordanien und die Türkei.

Die Hälfte der 50 Millionen Menschen, die sich auf der Flucht befinden, sind jünger als 18 Jahre. Davon kommen auch einige hundert jährlich ohne Eltern nach Deutschland. Dort sollen sie in einer Jugendhilfeeinrichtung kindgerecht untergebracht und von einem Vormund betreut werden. Ihre Rechte sind in der UN-Kinderrechtskonvention garantiert, was bedeutet, dass bei allen staatlichen Maßnahmen „das Wohl des Kindes“ vorrangig berücksichtigt werden muss und dass sie nicht abgeschoben werden dürfen. Allerdings klappt diese Umsetzung von Kinderrechten in vielen Regionen nicht besonders gut. Es kommt oft vor, dass Minderjährige in Flüchtlingsheimen zusammen mit Erwachsenen irgendwo am Rande der Gesellschaft dahinvegetieren. Laut UNO-Flüchtlingshilfe sind auch nur wenige Mitarbeiter_innen für den Umgang mit Flüchtlingskindern ausgebildet. Das führt dazu, dass Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren häufig unterstellt wird, sie hätten ein falsches Alter genannt. Die Folge: sie werden als volljährig eingestuft und unterliegen nicht mehr dem Abschiebeschutz. Da es auch kein Verbot der Inhaftierung von Flüchtlingskindern gibt, landen manche von ihnen sogar in Abschiebegefängnissen.

Wenn die Bundesregierung am 8. Mai zu einem Flüchtlingsgipfel zusammen kommt, wird es vermutlich nicht in erster Linie um die Kinder und Jugendlichen gehen, sondern darum, wie Bund, Länder und Kommunen sich die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen untereinander aufteilen. Deshalb hat sich das Deutsche Kinderhilfswerk zu Wort gemeldet und die Politiker_innen dazu aufgefordert, sich auch der Frage zu widmen, "wie wir für Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung und Verfolgung zu uns flüchten, eine echte Willkommenskultur schaffen." Besonders Flüchtlingskinder bräuchten den besonderen Schutz von Staat und Gesellschaft. "Flüchtlingskinder brauchen dringend konkrete Verbesserungen für Bildungszugänge sowie soziale und kulturelle Teilhabe", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Er setzt sich auch dafür ein, die Diskriminierung von Flüchtlingskindern in Deutschland zu beenden und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Besonders ausgrenzend sei das Asylbewerberleistungsgesetz; es widerspreche der UN-Kinderrechtskonvention ebenso wie den Grundgedanken des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. In diesem Gesetz ist zum Beispiel die Unterbringung in Wohnheimen bzw. Flüchtlingslagern geregelt, die Ausgabe von Essens-Gutscheinen und Sachleistungen anstelle von Geld, bestimmte Arbeits- und Ausbildungsverbote und weitere Einschränkungen wie zum Beispiel die Residenzpflicht, die es Flüchtlingen nicht erlaubt, in eine andere Stadt zu fahren. Auch andere Flüchtlingsinitiativen kritisieren schon lange, dass dieses Gesetz Flüchtlinge systematisch von sozialem und kulturellem Leben abschneide.

Das Bundesfamilienministerium hat bereits Eckpunkte zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland erarbeitet. Zum Flüchtlingsgipfel appelliert das Deutsche Kinderhilfswerk an die Bundesregierung, auf dieser Grundlage zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Flüchtlingskinder seien in erster Linie Kinder und müssten die selben Ansprüche auf Leistungen der Sozialsysteme haben wie andere Kinder auch.

Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 8. Mai 2015