Digitale Seifenblasen

Beitrag zum Schreibwettbewerb "Total digital" von Marie, 18 Jahre

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Licht aus, Fenster zu, Füße auf den Tisch –
denn wer weiß schon, was morgen ist?
Der Rechner rechnet, es geht
der Bildschirmschoner an und weht
Seifenblasen über den Screen…

Das Wetter heute heiter und sonnig! steht
im Internet und ich bin bei den Seifenblasen.
Ja, eigentlich sollte man nochmal rausgehen
und Seifenblasen pusten… Wer weiß, kann
man morgen noch Seifenblasen machen?
Ja, eigentlich sollte man nochmal aufstehen –
wegen Realität, wegen YOLO und so Sachen.

Der Rechner rechnet, es geht
der Bildschirmschoner an und weht
Seifenblasen über den Screen:
Über die Horizontalen in die Vertikalen
flutschen sie so an einander vorbei
ohne zu platzen und federn wieder ab –
Ja, wie war das? Haben sie schon immer
die Farbe gewechselt? Echt, ich hab
von so was überhaupt keinen Schimmer…

So sind Seifenblasen: Sie biegen sich
das Licht bunt in einen Regenbogen.
Ja, man sollte nochmal gepflogen
Seifenblasen in die Lüfte pusten…

Ja, eigentlich sollte man nochmal Seifenblasen
platzen lassen… Ja, man sollte nochmal
Seifenblasen Seifenblasen sein lassen…
Ja, eigentlich sollte man nochmal rausgehen
und Seifenblasen machen – wer weiß, ob
die Lüfte das morgen noch hergeben?

Licht aus, Fenster zu, Füße auf den Tisch –
denn wer weiß schon, was morgen ist?
Wer weiß, was die Lüfte dann noch taugen
und ob Seifenblasen noch schweben?
Wer weiß, wie viel Seife dann übrig ist?
Brennt sie noch immer so arg in den Augen?
Ja, eigentlich sollte man nochmal aufstehen
und Seifenblasen in die Lüfte hauchen…

Autorin / Autor: Marie, 18 Jahre