Die Prinzessin und das Smartphone

Beitrag zum Schreibwettbewerb "Total digital" von Pauline, 16 Jahre

Vor langer langer Zeit suchte ein Prinz nach einer echten Prinzessin, die er zur Frau nehmen wollte. Er reiste weit weg, um sich endlich in eine richtige Prinzessin zu verlieben. Doch er hatte kein Glück mit seiner Reise und kehrte zurück in sein Schloss. Eines Abends herrschte ein schreckliches Unwetter. Es goss in Strömen, der Wind peitschte und es blitzte gefährlich grell. Durch diesen schlimmen Regen lief eine zitternde Prinzessin und suchte eine Unterkunft für die Nacht. Auf ihrem Weg kam sie an dem Schloss des Prinzen vorbei. Normalerweise hätte sie geklopft, im Schloss übernachtet und das Märchen "Die Prinzessin auf der Erbse" hätte seinen Lauf genommen. Der Prinz und die Prinzessin hätten sich in einander verliebt, geheiratet und die beiden wären glücklich bis an ihr Lebensende gewesen.
Doch hätte die Prinzessin ein Handy gehabt, dann liefe die ganze schöne Geschichte komplett anderes ab: Die Prinzessin klopfte nicht. Stattdessen holte sie ihr neuestes Smartphone hervor, das gerade total "in" war und googelte schnell nach Hotels in der Nähe. Fand ein Passendes und weg war sie. Somit lernten sich der Prinz und die Prinzessin niemals kennen. Und das Märchen würde wohl eher die Prinzessin und das Smartphone heißen. Aber auch all den anderen Märchenfiguren wäre es nicht besser ergangen.

Seit Dornröschen in den langen Schlaf gefallen ist, waren viele Jahre vergangen. Da machte sich eines Tages ein Prinz auf den Weg, um an der gefährlichen Dornenmauer vorbei zu gelangen und die wunderschöne Prinzessin wieder zu wecken. Doch leider hatte die böse Fee Überwachungskameras an der Schlossmauer angebracht, bemerkte den Prinzen und verzauberte die Dornenmauer, sodass es dem Prinzen unmöglich war, die Prinzessin und das Königreich zu retten.

Es war einmal ein wunderschöner Nachmittag, an dem drei Königsschwestern spazieren gingen. Die drei spielten mit einer kostbaren Goldkugel, die der jüngsten Schwester gehörte. Hin und her flog die Kugel. Plötzlich platschte es laut, die Kugel war in einen Brunnen gefallen. Voller Entsetzen stellte die jüngste Prinzessin ihre beiden Schwestern, die die Kugel geworfen, und nicht gefangen hatten, zur Rede. Doch die beiden nahmen die Schuld keineswegs auf sich und machten sich aus dem Staub. Traurig blieb die Jüngste zurück. Im Wasser schwamm ein kleiner, glänzend grüner Frosch, der das ganze Schauspiel beobachtet hatte. Die Prinzessin hätte ihn fast entdeckt, wenn in diesem Moment nicht ihr Handy geklingelt hätte. Es war ein Diener des Schlosses und fragte, ob alles in Ordnung war. Die Prinzessin schilderte ihm ihr Erlebnis. Sofort eilte ihr der Diener zur Hilfe, holte die Kugel aus dem Wasser und schließlich machte er sich mit der Prinzessin zurück auf den Heimweg. Und somit wurde niemals etwas aus dem Froschkönig.

Was wäre wenn, dass ist die Frage, dich ich mir täglich stelle. In den unterschiedlichsten Lebensbereichen: Was wäre, wenn wir keine Autos hätten? Was wäre, wenn wir uns mehr engagieren würden? Und was wäre, wenn wir keinen Fernseher, keinen Computer und vor allem kein Handy hätten. Nicht mehr 24 Stunden online sein, ist das in der heutigen Zeit überhaupt noch möglich oder gilt man dann schon als "alt" oder "uncool"?
Deshalb habe ich den Test gemacht: Ein halbes Jahr ohne Handy. Schaffe ich das? Schon seit Juni habe ich mein Handy nicht mehr in die Hand genommen und seitdem hat sich so einiges geändert. Einerseits ist es unpraktisch, weil man plötzlich nicht minütlich über WhatsApp erreichbar ist. Hast du eine neue Nummer? Du warst schon seit 11.6. nicht mehr online, lauten Kommentare in der Schule. Sobald ich erkläre, dass ich im Moment "Handy-los" bin, staunen die meisten Mitschüler nur und können es kaum nachvollziehen. Aber sobald man sich daran gewöhnt hat, ist es gar nicht mehr so schwer. Keine oberflächlichen Nachrichten mehr beantworten, denn schließlich kann man auch Face to Face kommunizieren. Dabei entstehen nur die eigentlichen wichtigen und wertvollen Gespräche und man fühlt/sieht die Gesten und Gefühle des anderen. Das wird bei der Nutzung von Facebook, Twitter, Intergramm.... oft vergessen, weil da nur die neusten Posts, in denen man die "spannensten" Erlebnisse des Tages berichtet oder die Fotos, auf denen man möglichst cool, locker und ausgelassen wirken will, zählen. Viele vergessen, dass diese Fotos für immer gespeichert sind, und ein Bild mit der Bierflasche in der Hand für die Firma, für die man später arbeiten möchte, vielleicht nicht ganz so "cool" ist, wie man früher dachte.
Aber das ist nicht der einzige Bereich, in dem wir immer mehr mit der Technik konfrontiert werden. Auch in der Schule und Arbeit wird der Verzicht auf die digitale Welt immer unmöglicher. Während in der Arbeit ständig mit Computern gearbeitet wird, werden in der Schule die Tafeln schon durch Smartboards ersetzt, weil diese anscheinend viel praktischer sind. Das dadurch noch weniger selbst geschrieben, durch den Stromverbrauch die Umwelt noch mehr belastet wird und meiner Meinung nach unnötige Kosten entstehen, wird nicht berücksichtigt. 
Sollten wir nicht anstatt so viel Zeit und Geld in die Technik zu stecken, uns mehr um die wichtigen Dinge im Leben kümmern? Während daran gedacht wird, welches Handy als nächstes gekauft werden soll, verhungern auf der anderen Seite der Welt die Menschen, sterben an Krankheiten und leben in unvorstellbarer Armut. Ist das nicht erschreckend? Aber wir alle können etwas gegen diesen Technikwahnsinn tun, indem wir versuchen, uns wieder mehr für andere Menschen zu engagieren. Und damit möchte ich wieder zurück auf die Märchen kommen. Ich glaube, dass niemandem ein Märchen, in dem Handys vorkommen, auch nur annähernd gefallen würde, weil dadurch der ganze Zauber der Geschichte verloren gehen würde. Die liebevollen Märchen beruhen auf den Personen und deren Beziehungen und vor allem auf Liebe. Und ist das nicht das Entscheidenste im Leben?