Das Digitale Leben aus Sicht einer Mutter

Beitrag zum Schreibwettbewerb "Total digital" von Nicole, 42 Jahre

Handy, Tablet, MP3, Computer, Internet, PSP, Facebock, WhatsApp, PS3, YouToube, Google und und und noch vieles mehr.

Man kommt gar nicht daran vorbei und schon überhaupt nicht, wenn man Kinder hat. Und damit meine ich nicht nur Schulpflichtige – nein – schon im Kindergarten brauchen Eltern eine tragbare Steckdose, um immer und für jedermann erreichbar zu sein und sei es noch so banal.

Völlig geschockt war ich, als eine Geburtstagseinladung für meinen 4-jährigen Sohn via Mail an mich herantrat. Klar an mich, denn mit 4 kann mein Kind noch nicht lesen. Ohne Bilder, ohne irgendwas Nettes einfach nur – kommst du? Was soll man da noch sagen? Mensch Eltern, warum habt ihr denn nicht einfach was auf Whats App gesprochen und es an alle kopiert, vielleicht noch liebloser. Aber gut, jedem das Seine, hab ich mir gedacht, mein Kind kommt. Soll ja kein Außenseiter werden.

Termin machen für Kindergartenfreunde geht scheinbar auch nur noch über Mail oder Whats App. Hier nimmt sich keiner mehr Zeit, miteinander zu telefonieren.
Ich meine, wir haben auch schon ein tragbares Telefon zu Hause, so ist es ja nicht, aber so gar nicht mehr eine Stimme zu hören, nur noch kurze Texte runtertippen (die ja teils auch jeder verstehen möchte, wie er mag). Nun gut im Zeitalter, wo ja niemand mehr Zeit hat und schon gar nicht gestresste Mütter, spielen wir halt mit, damit mein Kind nicht der Außenseiter ist und keine Verabredungen mehr hat.

Elternbriefe vom Kindergarten – OK, wir wollen ja nicht unnötig Papier verbrauchen – bekommen wir monatlich nun auch per Mail. Wer keine Mail-Anschrift hat, bekommt auch keinen Elternbrief (Zwang).

Immer schön drauf achten, dass wir auch den Rechner am Laufen halten, das Internet schnell genug läuft, damit wir ja auch nichts „Wichtiges“ verpassen. Hierzu kommt dann der morgentliche Schrei – wo ist mein Ladekabel – aller Handynutzer meiner Familie.

Schulkinder im Zeitalter der Digitalen Welt – das macht die Sache dann erst richtig rund.

Moodle – der neue Begriff, Eltern vollends gegen seine Kinder zu hetzen.
Schule ist bei fast allen Eltern, die ich kenne mittlerweile so präsent, dass ich mich manchmal frage, ob meine Mutter kein Interesse damals an meiner Schulzeit hatte, oder es eben alles ein wenig anders gelaufen ist.
Man soll seine Kinder zur Selbständigkeit erziehen, dieses wird jedem schon ab der Krabbelgruppe vermittelt.
Dann kommt Moodle, ein Informationsportal, welches allgemeine Informationen, aktuelle Hausaufgaben, den aktuellen Stundenplan mit Vertretungsplan, aktuellen Lehrplan enthält und in dem auch besonders gutes wie  negatives Verhalten der Schüler und auch die aktuellen Noten dargelegt werden.
Die Bitte der Lehrer, mindestens ein Mal pro Woche als Eltern im Moodle nachsehen, was gibt es Neues und kontrollieren Sie (bei 9. Klässlern) die Hausaufgaben Ihres Kindes, nur miteinander können wir es schaffen.
Das kann doch nur zu Konflikten führen, da Eltern und Ihre Kinder ständig das Thema Schule zu Hause haben. Reibungspunkte entstehen, da man als Eltern den Druck automatisch weitergibt an seine Kinder, wenn mal was nicht 100% rund läuft. Wo sollen Kinder denn mal abschalten – da kommt dann das TV, PSP, Facebook, PS3 und und und ins Spiel. Auch nicht das Wahre.
Aber man macht das Spiel mit, man möchte sich ja als Eltern für seine Kinder interessieren und auch alle Informationen bekommen, um nicht als desinteressierte Eltern da zu stehen.

Der neue Lehrer meines Sohnes hat Hausaufgaben und auch Vorbereitungen auf Tests via PC eingefordert, diese werden dann auch online benotet. Das erste Problem fing damit an: was ist ein ScreenShot? OK, wofür haben wir denn Google?
Bei einer Familie ging der PC kaputt, das hat Technik ja nun manchmal auch schon mal und nicht jeder von uns ist ein Software-Spezialist. Pech gehabt, suche dir irgendwo einen.

Da mein Sohn kein Interesse an Computern hat und es für ihn schon eine größere Herausforderung war (Informatik bewusst nicht gewählt), die Hausaufgaben überhaupt öffnen zu können, habe ich besagten Lehrer mal gefragt, warum er es für notwendig fände, seine Arbeiten über das Netz zu senden. Die Jugendlichen würden ja auch noch zusätzlich das Schreiben (mit Stift) zwar nicht verlernen, aber so auch nicht fördern, zumal ich der Meinung bin, das die deutsche Rechtschreibung unsere Kinder über die Jahre eine reine Katastrophe geworden ist, aber dies ist ein anderes Thema. Schüler, die nicht ständig am PC sitzen, was ich auch befürworte, haben hier einen klaren Nachteil. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Es gibt keinen Beruf, ohne dass sie einen Computer bedienen können müssen, also ist das doch eine tolle Übung um den Computer und seine Möglichkeiten kennen zu lernen. Das bleibt und wir leben im 21 Jahrhundert, da gehört das nun mal dazu, auch ihr Kind wird es sehr schnell lernen.
Da sagst du erst mal nix mehr – mundtot – Danke für das Gespräch

Als dann genau der gleiche Lehrer in die Runde warf, seinen Unterricht am liebsten an einem Tablet zu gestalten und jeder Schüler sich hierzu einen anschaffen sollte (Eltern zahlen – Preisliste wurde beigefügt), habe ich gestreikt. Es stellte sich später nur als Test des Lehrers raus, um zu sehen, inwieweit wir den Digitalen Unterricht unterstützen würden.
Fällt einem nix mehr zu ein.

Handy – Jugendliche können kaum noch ohne, ständig bimmelt der Empfangsmelder beim Eingang einer WhatsApp Nachricht und man darf sich freuen, wenn  sein Kind einen bei einem Gespräch anschaut. Was nun ja auch nicht wirklich wieder zur familiären Harmonie beiträgt.

Meine Freundin hat keinen PC und auch nicht das Wissen oder das Interesse, sich bis dato einen anzuschaffen oder dafür eine Notwendigkeit gesehen, Interesse daran zu haben. Geschweige denn, einen Internetzugang anzumelden. Doch leider – so glaube ich – macht es vor keinem Halt. Ihr Kind kommt ins 4. Schuljahr und schwubs – ohne Internet und PC stehst du auf dem Schlauch und hinkst hinterher und das auch noch zu Lasten deines Kindes. Also hat nun auch dieser Haushalt einen PC und Internet.

Früher hat man gerne telefoniert, sich die Zeit füreinander genommen. Man kannte fast alle Rufnummern auswendig. Heute ist es eine mittlere Katastrophe, wenn der Speicher mit allen Rufnummern versehentlich abstürzt oder gelöscht wurde. Heute bin ich fast schon genervt, wenn das Telefon klingelt, da ich ja gerade erst mal auf eine Whats App Nachricht antworten muss (es entsteht ein Zwang). Jeder meint auch noch dazu, dass es für alle anderen wichtig sei, wo sie sich gerade aufhalten, was sie gerade machen oder erleben. Auch die neuesten Whats App Bilder der Eltern, läßt so manche Frage offen.

Der erste Satz meines Ausbilders 1990, als kaum jemand einen Computer zu Hause hatte (Preisgründe) war.
Hardware ist das wo man reintritt und Software ist das, warum man reintritt.

Bis heute oder gerade heut muss ich oft an diesen Satz denken, er passt leider sehr oft.

Mein Fazit als Mutter und selber Whats App Nutzer – es hat alles seine Vor- aber auch Nachteile. Mir persönlich geht der Lauf der Digitalen Zeit zu schnell und manche Werte fallen leider völlig weg. Aber wie kann man das für sich ändern, ohne nicht mehr ‚up to date‘ zu sein. Das will man ja nun auch nicht, man braucht ja Kontakte – also macht man mit. Zwang spielt, so glaube ich, eine große Rolle – leider.
Heute lasse ich öfter mal mein Handy links liegen und schaue auch nicht mehr so oft auf Moodle und was soll ich sagen – bislang habe ich noch nichts Wichtiges verpasst.
Ein bisschen geht es also doch!

Autorin / Autor: Nicole, 42 Jahre