Die Meinung anderer prägt - 3 Tage lang

Psychologische Studie zum Fähnlein im Wind

Bild: LizzyNet

Jeder Mensch fühlt sich gerne als frei denkendes Individuum, das sich ohne das Zutun anderer eigenständig eine persönliche Meinung bilden kann. Tatsächlich aber hat der soziale Druck einen enormen Einfluss auf die Meinungsbildung, möglicherweise aber nur einen zeitlich begrenzten. Das meint der Forscher Rongjun Yu von der South China Normal University. "So wie das Arbeitsgedächtnis nur sieben Elemente gleichzeitig bearbeiten kann und eine Droge nur für einen begrenzten Zeitraum ihre Wirkung entfalten kann, scheint auch der soziale Einfluss nur ein begrenztes Zeitfenster für seine Effektivität zu besitzen" erklärt der Wissenschaftler. Dass persönliche Urteile auch von der Meinung anderer abhängen, ist ein altbekannts Phänomen in der psychologischen Forschung. Aber es ist noch immer unklar, ob das eine Form von sozialer Anpassung ist, um dazuzugehören und nicht zurückgewiesen zu werden oder ob das Urteil anderer die eigene Meinung vielleicht auch dauerhaft verändert.

In seiner Studie haben Rongjun Yu und sein Team nun untersucht, wie sich die Meinung von Testpersonen durch eine angebliche Gruppenmeinung manipulieren lässt und wie lange dieser Effekt vorhält. Die WissenschaftlerInnen ließen Studenten die Attraktivität von weiblichen Gesichtern bewerten. Die Probanden ahnten natürlich nichts davon, dass es in Wirklichkeit um die Untersuchung von Beeinflussbarkeit ging. Nach jeder Bewertung erfuhren die Testpersonen, wie der Durchschnitt von 200 anderen Studenten das jeweilige Gesicht angeblich bewertet hatte. Dabei fiel dieser vermeintliche Wert nur in 25% der Fälle so aus wie der der Testperson. Die Testpersonen sollten ihre Wertung nach einem, nach drei, nach sieben Tagen sowie nach 3 Monaten wiederholen. Dabei zeigte sich, dass die Testpersonen am ersten und dritten Tag nach ihrer ersten Bewertung ihr neuerliches Rating stark an den angeblichen Durchschnittswert anpassten. Zu den späteren Zeitpunkten setzte sich wieder ihre ursprüngliche Einschätzung durch.

Die Forscher folgern, dass es zwar einen nachweisbaren Einfluss der "Gruppe" auf die Meinung des Einzelnen gibt, dass dieser aber nur von kurzer Dauer ist. Der Frage, warum dieser Effekt offenbar nur ein paar Tage anhält, wollen die ForscherInenn in weiteren Studien nachgehen. Und auch, ob man diese Dauer vielleicht durch Manipulation verlängern oder verkürzen kann.

Bleibt die Frage, ob Verfahren, wie man die Meinung anderer dauerhafter beeinflussen kann, die Menschheit wirklich weiterbringen? Hilfreich ist aber die Erkenntnis, dass die eigene Meinung immer wieder kritisch hinterfragt und überprüft werden sollte, ob sie das Ergebnisse eigener Gedankengänge ist oder nur ein Abbild der Gruppenmeinung. Wenn die Forscher recht mit ihrer Vermutung haben, sollte man sein Urteil vielleicht künftig erst 4 Tage nach einer enstprechenden Gruppendiskussion fällen.

Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Psychological Science veröffentlicht worden.

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Quelle:

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 26. Mai 2014