Wie mein Protest zur Religion wurde

cheshirekitty erzählt, warum sie den Buddhismus gut findet

Bild: LizzyNet

Manche nennen es Ironie des Schicksals, manche sagen mir schlicht weg, ich hätte einen an der Klatsche. Vielleicht ist es Ironie des Schicksals, und vielleicht habe ich einen an der Klatsche, aber Tatsache ist, dass ich diese eine Entscheidung nicht bereue. Die Entscheidung, mich wirklich und wahrhaftig zum Buddhismus zu bekennen.

Angefangen hatte es eigentlich als reiner Protestakt. Einfach, weil viele Menschen in meiner Umgebung streng christlich sind, mir persönlich das Christentum aber ein wenig dubios erscheint. Ich kann mich keiner Religion verschreiben, deren Objekt der Verehrung ein allwissendes und allgegenwärtiges Wesen sein soll, dessen Bildnis man jedoch nicht kennt und auch nicht darstellen darf.

Über ein Referat von Mitschülern bin ich schließlich auf den Buddhismus aufmerksam geworden und habe – damals noch mehr als Scherz - behauptet, einen Monat nach buddhistischen Regeln zu leben. Weil dies in meinem Umfeld für einige Aufregung sorgte, von einigen gar verpönt wurde, wollte ich es umso mehr durchziehen – und bin dann einfach hängen geblieben.

Je mehr ich mich mit der Religion Buddhismus auseinander setzte, umso mehr gefiel sie mir. Da ist einfach ein Verbundenheitsgefühl, das sich schwer beschreiben lässt. Um es einmal verständlich zu gestalten, hier ein paar wichtige Informationen zum Buddhismus:

*„Vier edle Weisheiten“*
Leben ist von Leid geprägt
Leid entsteht aus Gier, Hass und Verblendung
Glück entsteht aus Vermeiden der Leidesursachen
Glück ist über den „edlen Achtfachen Pfad“ find bar

*„edler Achtfacher Pfad“*
Rechte Erkenntnis
Rechte Absicht
Rechte Rede
Rechtes Handeln
Rechter Lebenserwerb
Rechte Übung
Rechte Achtsamkeit
Rechte Meditation

*Glaube an die Wiedergeburt*
Ziel: Durch Vermeiden von Leid aus dem ewigen Kreislauf (Wiedergeburt) auszutreten, finden des Zustands des Nirwana (Leidlosigkeit)

*Es gibt keinen Gott. Buddha ist eine Art Lehrmeister*
Eigentlich sprechen all diese Punkte für sich, dennoch möchte ich noch dazu anmerken, dass „recht“ bei den Punkten des edlen Achtfachen Pfades sich auf die Übereinstimmung mit den vier edlen Weisheiten bezieht und nicht missverstanden wird. So beschreibt das „rechte Handeln“ beispielsweise, dass man keinen anderen Lebewesen Leid zufügen sollte (Fleisch essen ist an sich aber grundlegend erlaubt! Man darf nur das Tier nicht selbst töten) und das „rechte Reden“ meint die Vermeidung verletzender Worte, Kraftausdrücke, etc.
Klar, für den ein oder anderen mag das auf den ersten Blick recht kompliziert wirken, aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es nicht so schwer ist, sich an all diese Richtlinien zu halten.

Auch lässt sich Buddhismus prima in einen überfüllten G8-Alltag integrieren, allein schon, weil es nicht so etwas wie feste Gebetszeiten gibt.

Das, was die „Gebete“ im Buddhismus sind, ist die Meditation. Ob aus religiösen Gründen oder schlicht zur Entspannung kann ich nur jedem empfehlen das mal auszuprobieren. Das Meditieren muss man sich in etwa so vorstellen: Man beginnt – bei geschlossenen Augen und im Schneidersitz (oder dem „Lotussitz“, wer ihn denn beherrscht)- sich voll und ganz auf die Atmung zu konzentrieren, dabei sollte die Körperhaltung zwar gerade aber dennoch entspannt sein. Nach und nach widmet man sich dann einzelnen Sinneswahrnehmungen, also dem Fühlen, Hören und Riechen und schließlich kommt man auf eine andere Stufe der Wahrnehmung oder des Denkens, wie auch immer man es nennen möchte. Dann übernimmt nämlich das Unterbewusstsein und man kann richtig tief in sich hineinhorchen. Das ist ein unglaubliches Gefühl, das sich einfach nicht beschreiben lässt.

Weil man aber vor allem im letzten Punkt ganz schnell die Zeit vergisst, sollte man vorher darauf achten ausreichend Zeit zu haben.

Ich selbst bin ein Fan der abendlichen Meditation, auch weil es hinterher besonders an stressigen Tagen das Einschlafen erleichtert, da einfach weniger Gedanken durch den Kopf geistern.

Was dagegen viel schwieriger ist, ist die Sache mit der Achtung anderer Lebewesen. Das hat sich nämlich nicht getan, wenn man plötzlich Vegetarier wird, man ist schließlich irgendwie mitschuldig, wenn die Tiere, die man verzehrt, getötet werden. Nein, plötzlich wird auch die Mücke, die an deinem Arm hängt um Blut zu saugen, zum echten Problem. Der erste Reflex wäre wohl drauf zu schlagen – nur ist JEDES Leben zu respektieren! Also die Mücke wegschieben? Oder ist das dann auch falsch?
Darf man Ameisengift überhaupt noch verteilen, selbst wenn es nur vorsorglich ist?
Auch die Mitmenschen werden in dem Punkt zum Problem. Theoretisch darf man sich ja gar nicht mehr streiten, muss Lästereien über sich ergehen lassen ohne wirklich kontern zu können und und und.

Das gibt einem schon echt zu knabbern, aber meine Lösung ist relativ einfach: Jeder hat eine erste Chance und jeder kriegt eine Zweite, aber eine Dritte gewähre ich nicht. Ich will selber ja auch respektiert werden! Allerdings komme ich dennoch immer wieder in Gewissenskonflikte, wenn ich dann doch mal verletzend werde und das hat bei mir dann echt was verändert.
Als eher schüchternes Persönchen wäre ich früher nie auf die Idee gekommen in (unfaire) ausgeartete Auseinandersetzungen meiner Mitschüler, ob ich sie kenne oder nicht, einzugreifen. Jetzt jedoch setze ich mich schon mal für andere ein und nehme dabei in Kauf, selbst zur Zielscheibe zu werden.
Am schwierigsten ist für mich allerdings die Sache mit dem „rechten Reden“. Denn in meinem Vokabular sind „shit“, „fuck“ und „Vollidiot“ mehr als fest integriert und ich kann mich einfach nicht davon lösen.
Meine Freunde kriegen dann wahre Lachflashs, wenn dann aus einem Moment der Besinnung aus meinem fuck ein „fuuuuh“ oder aus shit ein „schschschlecht“ wird.
Den Halt dahinter bietet aber die Wiedergeburt. Ich bin mir sicher, dass dieses Leben nicht meine letzte Station auf Erden war und die Vorstellung, eine neue Chance zu kriegen ist manchmal wirklich tröstend.
Ansonsten habe ich einen für meine Generation üblichen Tagesablauf; Schule, Hausaufgaben, Freunde treffen. Nur, dass ich mehr auf meine Mitlebewesen achte, mit Kraftausdrücken zu hapern habe und Abstand zu Alkohol halte.

Übrigens kann jeder dem Buddhismus beitreten, denn anders als bei vielen anderen Religionen wird man nicht etwa hineingeboren, sondern entscheidet sich aus freien Stücken dazu.
Ich habe mich dazu entschieden und bereue es auch nicht, denn über den Buddhismus habe ich Erkenntnisse, auch über mich selbst, erhalten, die ich sonst vielleicht niemals finden würde.
Auf jeden Fall lohnt es sich, einmal in andere Religionen hinein zu schnuppern!

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Autorin / Autor: cheshirekitty - Stand: 30. Mai 2014