Aufwachsen im Slum

Ungefähr ein Drittel der Kinder in Städten leben in Slums. Die Probleme sind zahlreich, ihre Lebensverhältnisse und Perspektiven miserabel. Über den UNICEF-Bericht "Zur Situation der Kinder in der Welt 2012"

Laut dem neuesten UNICEF-Bericht 2012 wachsen mittlerweile rund 1 Milliarde, fast die Hälfte aller Kinder, weltweit in Städten auf – und es werden immer mehr. Die Familien ziehen vom Land dorthin, weil sie auf ein besseres Leben hoffen: mehr und bessere Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Jobs und Zugang zu Trinkwasser und sozialen Einrichtungen.

Doch die Realität sieht anders aus: Für die allermeisten geht der Traum vom besseren Leben nicht in Erfüllung, es ist oft schlimmer als auf dem Land. Ein Drittel der Kinder in den Städten weltweit leben in überbevölkerten Slums. Sie können das Paradies (der Wohlhabenden) sehen, aber dürfen niemals selbst hinein.

Es trifft immer die Schwächsten

Vor allem die Kinder sind von der Armut betroffen, in der sie leben. Ihre Bedürfnisse werden bei der Stadtentwicklung und –Planung nicht berücksichtigt und somit nicht erfüllt:

  • *Ernährung*
    Kinder in Slums und informellen Siedlungen leiden öfter als in ländlichen Gebieten an Unter- oder Fehlernährung.  Die Folge: viele sind körperlich und geistig zurückgeblieben. Auch die Trinkwasserversorgung reicht für die steigende Anzahl an Bewohnern nicht aus. Die Armen sind selten an die Leitungsnetze angeschlossen und müssen so ihr Wasser von privaten Wasseranbietern kaufen – sie bezahlen dabei bis zu 50mal mehr als ihre wohlhabenden Nachbarn.
  • *Hygiene und Gesundheit*
    Weil es an sanitären Anlagen fehlt, müssen viele ihr Geschäft draußen verrichten. Das wiederum erhöht das Risiko und die Verbreitung von Krankheiten wie Cholera oder Durchfall. Ein anderes großes Problem sind Rauchvergiftungen.
    Am Beispiel der Slums Nairobis, der Hauptstadt Kenias, wird das deutlich: ungefähr 15% der Kinder sterben bevor sie fünf Jahre alt werden. Die meisten davon an Lungenentzündungen und Durchfallerkrankungen.
  • *Bildung*
    Bildung ist für viele eine der wenigen Möglichkeiten, aus der Armut auszubrechen. Bloß: Selbst wenn die überfüllte Schule kostenlos ist, fehlt vielen Familien das Geld für Uniform und Materialien.
  • *Armut und Unsicherheit*
    Das Aufwachsen in Städten bedeutet für den Großteil der Kinder ein Leben in Armut, Ausschluss und Unsicherheit.  Die Bleibe der Menschen in den Slums und informellen Siedlungen ist illegal und somit unsicher. Sie können ihre Lebensverhältnisse noch nicht einmal langsam verbessern, weil sie ständig befürchten müssen, von dort vertrieben zu werden.
    Viele flüchten vor der Gewalt in ihren Familien auf die Straße- nur um dort ebenfalls ein Opfer von Gewalt und Ausbeutung zu werden. Sie versuchen sich als Lumpensammler, Schuhputzer oder Zigarettenverkäufer durchzuschlagen, die Mädchen schuften häufig als Hausangestellte.
  • *Schutz*
    Mehr als jedes dritte Kind ist nicht registriert. Das bringt viele Probleme mit sich: Bei der Einschulung, bei medizinischer Versorgung und bei der Kontrolle der Einhaltung von Schutzbestimmungen wie Kinderarbeit.
  • *Gewalt und Kriminalität*
    Es ist nicht verwunderlich, dass Kinder, die in solchen Verhältnissen aufwachsen den Glauben an die Erwachsenen und die soziale Ordnung verlieren. Häufig schließen sie sich in der Hoffnung auf Zugehörigkeit und finanziellen Vorteilen durchschnittlich schon mit 13 Jahren an Gangs an.
  • *Naturkatastrophen*
    Auch hiervon sind die Armen viel stärker betroffen, denn ihre Wohnorte liegen oft an schutzlosen Abhängen oder Kanälen.

Städte als Lebensraum für Kinder

Mit dem Bericht fordert UNICEF Regierungen, Stadtverwaltungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft dazu auf, die miserablen Lebensverhältnisse von Kindern in Städten  nicht mehr zu übersehen, sondern ihre Rechte zu sichern und die Verhältnisse in den oben genannten Bereichen zu verbessern.
Denn: „Nur wenn Millionen Kinder  in Slums und heruntergekommenen Vierteln nicht länger ausgeschlossen werden, können sich Städte sozial und wirtschaftlich gerecht entwickeln.", so Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.

Autorin / Autor: Nanna - Stand: 28. Februar 2012