Das Ziegenproblem

Statistische Fallen bei einem Gewinnspiel

Erinnert sich noch jemand an die Gameshow "Geh aufs Ganze?" Hoffentlich, denn sonst fühl ich mich alt…

*Darum ging´s*
Jedenfalls ging es bei dieser Show darum, dass ein aus dem Publikum ausgewählter Kandidat sich von mehreren Toren eins aussuchen durfte, dessen Inhalt er dann geschenkt bekam. Der Moderator versuchte dann, den Kandidaten davon zu überzeugen, nicht bei diesem Tor zu bleiben, sondern stattdessen auf ein Geldgeschenk, eine Kiste oder einen Briefumschlag umzusteigen. Um dem Ganzen eine gewisse Spannung zu geben, gab es nicht nur Preise unter den Toren, sondern auch Nieten, oder eher gesagt Trostpreise in Form von niedlichen roten Plüschtieren namens Zonk.

*Der Schluss*
Das Finale lief dann etwas simpler ab: Es gab nur noch drei Tore. Unter einem befand sich ein Auto, unter den anderen beiden Zonks. Wieder durfte sich der Kandidat eins aussuchen. Dann öffnete der Moderator eins der beiden anderen Tore, unter dem sich ein Zonk befand. Danach waren nur noch zwei Tore im Spiel, eins mit Zonk und eins mit Auto. Der Kandidat hatte jetzt noch einmal die Chance, auf das andere Tor umzusteigen, oder er konnte bei seiner ersten Wahl bleiben…

Für Besserwisserinnen ;-)

LeserInnen, die sich tatsächlich noch an die Show erinnern, werden jetzt sicher einwerfen, dass in der deutschen Version von "Geh aufs Ganze" keine zwei Zonks im Spiel waren, sondern ein Zonk und ein kleinerer Preis. Da es aber in diesem Artikel um eine statistische Denkfalle geht und nicht um Detailwissen über seit Jahren abgesetzte Gameshows, lassen wir das mal außen vor ;).

Die statistische Denkfalle

Und nun endlich zur Frage des Tages: Was ist in dieser Situation besser? Bei seinem zuerst gewählten Tor zu bleiben oder sich für das andere zu entscheiden? Mal kurz drüber nachdenken…

Ist doch ganz egal, ob man wechselt oder nicht, werden jetzt bestimmt viele sagen. Sind ja nur noch zwei Tore übrig, also wird die Gewinnwahrscheinlichkeit wohl 50 Prozent sein.

Klingt logisch, stimmt aber nicht. In Wirklichkeit habt ihr eine doppelt so hohe Gewinnwahrscheinlichkeit, wenn ihr das Tor wechselt. Die Chance, dass ihr auf Anhieb aufs richtige Tor gesetzt habt, ist nämlich 1/3. Diese 1/3 bleiben beim ersten Tor, egal welches andere Tor der Moderator aufmacht. Die restlichen 2/3 hingegen fallen aufs andere, noch übrige Tor, nachdem die eine Niete weggefallen ist.

*Wie kann das sein?*
Wenn noch zwei Tore übrig sind, sollte es doch eigentlich logisch sein, dass die Chance, den Gewinn zu kriegen, 50:50 steht, oder? Nun, normalerweise würde das auch so stimmen. Stellt euch vor, zu dem Zeitpunkt, wo nur noch zwei Tore über sind, würde ein zweiter Kandidat herbeigeholt werden, der die erste Runde in einer schalldichten Kammer verbracht und nichts mitgekriegt hat. Für diesen Kandidaten steht die Chance, das richtige Tor zu erwischen tatsächlich bei 50%. Aber der erste Kandidat, der schon in Runde 1 mittippen durfte, hat einen Vorteil: Der Moderator hat ihm einen wichtigen Tipp gegeben, als er ein Tor mit der Niete aufgedeckt hat, und das steigert die Gewinnwahrscheinlichkeit.

*Häh?*
Falls euch das im Moment noch nicht einleuchtet, befindet ihr euch damit übrigens in guter Gesellschaft. Berühmt wurde dieses Problem nämlich im Jahr 1990 durch die amerikanische Kolumnistin Marilyn vos Savant. Ihr hatte ein Leser, der mit dem Gedanken spielte, an Let’s Make a Deal (dem amerikanischen Original von Geh aufs Ganze) teilzunehmen, genau diese Frage gestellt. Ihre Antwort löste einen wahren Wirbelsturm an skeptischen Leserbriefen aus, von denen viele sogar von Uni-Absolventen und Mathematikern kamen. Ein besonders hartnäckiger Leserbriefschreiber stellte sogar die Theorie auf, Frauen würden an Mathematik halt mit einer anderen Logik herangehen.

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Autorin / Autor: Zachanassian - Stand: 5. Dezember 2007